Der «Kaiser» ist nicht mehr: Franz Beckenbauer ist am Sonntag im Alter von 78 Jahren verstorben. Mit seiner Spielweise begeisterte er die Massen und prägte die Position des Liberos wie kaum ein anderer. Der wohl grösste deutsche Fussballer aller Zeiten hat auch in der Schweiz Spuren hinterlassen.
Drei Jahre nachdem Beckenbauer 1974 mit der deutschen Nationalmannschaft Weltmeister geworden war, schloss er mit dem Fussballverein Cosmos New York einen Vertrag ab. Zeitgleich verlegte er 1977 seinen Wohnsitz nach Sarnen im Kanton Obwalden. Es sei immer sein Traum gewesen, mit Pelé zu spielen, und er möge die Berge, soll Beckenbauer Club- und Wohnortwechsel begründet haben. Doch das ist nur die halbe Wahrheit.
Für die Jungen von Sarnen war es ein Highlight, mit den Buben des berühmten Franz Beckenbauer Fussball zu spielen.
Mit Millionenforderungen des deutschen Finanzamtes konfrontiert und bedrängt von den Medien, kam ein Tapetenwechsel wie gerufen – zumal einer mit lukrativem Dreijahresvertrag und steuergünstigem Wohndomizil.
1977 wurden Beckenbauers Kinder in Sarnen eingeschult. Der damalige Rektor Urs Zumstein kann sich noch gut daran erinnern. Auf Wunsch von Brigitte Beckenbauer hätten Rektor und Schulratspräsident die Familie in Empfang genommen. «Es wimmelte auf dem Pausenplatz von Fotografen, die uns neben Frau Beckenbauer und ihren drei Kindern ablichteten. Unter dem Foto schrieb die Bild-Zeitung am nächsten Tag auf der Titelseite: Die Beckenbauers bei der Einschulung, begleitet von zwei Bodyguards.»
Der «Kaiser» in Obwalden
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Bild 1 von 3. «Die Beckenbauers bei der Einschulung, begleitet von zwei Bodyguards», hiess es unter diesem Foto auf der Titelseite der deutschen «Bild». Zu sehen ist Brigitte Beckenbauer mit ihren drei Söhnen, flankiert von Rektor Urs Zumstein (rechts) am 22. August 1977. Bildquelle: KEYSTONE/PHOTOPRESS-ARCHIV/Str.
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Bild 2 von 3. Trotz Vertrag in New York behielt der deutsche Fussballstar Franz Beckenbauer seinen offiziellen Wohnsitz von 1977 bis 1984 in der Schweiz. Hier im Bild mit seinem Manager Robert Schwan (rechts), aufgenommen am 8. Februar 1979 in Sarnen. Bildquelle: KEYSTONE/Str.
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Bild 3 von 3. Beckenbauers Spuren in der Schweiz sind schon fast verblasst. Geblieben ist vor allem die Erinnerung an eine ausgewachsene Steueraffäre. (Bild vom 8. Februar 1979 in Sarnen). Bildquelle: KEYSTONE/Str.
Des «Kaisers» Familie lebte ab 1977 zuoberst in einem Hochhaus in Sarnen, während Beckenbauer in New York Fussball spielte. Die Familie habe eher zurückgezogen gelebt, sagt Urs Zumstein. «Für die Jungen von Sarnen war es allerdings ein Highlight, mit den Buben des berühmten Franz Beckenbauer Fussball zu spielen.»
Ganz der umtriebige Libero, stiftete der deutsche Fussballstar seinem Wohnort zudem ein neues Sportzentrum. 1978 wurde in Sarnen das «Franz Beckenbauer Tennis Center» eröffnet und mit einem Match zwischen Beckenbauer und Bayern-Torhüter Sepp Maier feierlich eröffnet.
Beckenbauer – der Steuersünder
1984 zog die Familie Beckenbauer ins österreichische Kitzbühel. Kurz darauf wurde rund um Sarnens einst prominentesten Einwohner eine Steueraffäre sondergleichen publik. Obwalden, damals ein finanzschwacher Kanton mit weniger als 30'000 Einwohnenden, hatte mit Beckenbauer und anderen Gutbetuchten illegale Steuerabkommen geschlossen. Das Finanzdepartement unter Bundesrat Otto Stich nahm Obwalden unter «Steuervormundschaft» – ein Novum in der Schweiz.
Diese Affäre habe national hohe Wellen geschlagen, erinnert sich Niccolò Raselli, damals Präsident des Obwaldner Ober- und Verwaltungsgerichts. «In Obwalden wurde das schlecht aufgenommen. Man solidarisierte sich mit den vermeintlichen Steueropfern.»
Beckenbauer – der GC-Fussballer
Auch in Zürich wird sich der eine oder andere an «Kaiser Franz» erinnern. Im Jahr 1983 lief Beckenbauer für ein internationales Turnier im Hallenstadion im GC-Trikot auf. GC spielte damals vor 10'000 Zuschauenden gegen Dinamo Zagreb. Dass die Grasshoppers das Finalspiel schliesslich verloren, dürfte ob so viel Prominenz nicht allzu gross ins Gewicht gefallen sein.
Der «Kaiser» in Zürich
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Bild 1 von 4. Prominente Verstärkung für die Zürcher Grasshoppers: «Kaiser Franz» (links) lief am zweiten internationalen Hallenfussballturnier im Hallenstadion Zürich am 3. Januar 1983 im GC-Dress auf. Bildquelle: (KEYSTONE/Str).
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Bild 2 von 4. Der Kontakt zu GC blieb bestehen: Franz Beckenbauer (links) im Gespräch mit dem ehemaligen GC-Präsidenten Walter A. Brunner, aufgenommen am 30. Mai 2007 am 57. Fifa-Kongress in Zürich. Bildquelle: KEYSTONE/Eddy Risch.
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Bild 3 von 4. Immer wieder musste sich Beckenbauer vor den Medien rechtfertigen – sei es in der Obwaldner Steueraffäre oder bezüglich der Ungereimtheiten bei der Vergabe der Fussball-WM nach Deutschland 2006 (Bild aus dem Fifa-Hauptquartier in Zürich 1999). Bildquelle: Keystone/Christoph Ruckstuhl.
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Bild 4 von 4. Trotz mehrerer Skandale blieb die deutsche Fussball-Legende ein gern gesehener Gast. Franz Beckenbauer beim Umzug der Zünfte am Sechseläuten in Zürich am 19. April 2004. Bildquelle: KEYSTONE/Walter Bieri.
Die Spuren von «Kaiser Franz» sind in der Schweiz mittlerweile verblasst. So ist etwa sein einstiges Tenniscenter in Sarnen heute eine einfache Industriehalle.