Warum wird die Wiederaufbaukonferenz abgehalten? Die Konferenz ist von langer Hand geplant, ihr Ziel hat sich aber geändert. Ursprünglich war sie dem Reformprozess der Ukraine gewidmet, es wäre bereits die fünfte internationale Konferenz mit diesem Ziel gewesen. Aufgrund des Krieges entschieden die Ukraine und die Schweizer Gastgeber aber gemeinsam, das Treffen dem Wiederaufbau zu widmen.
Es soll als Kick-off für einen Prozess dienen, der Jahre bis Jahrzehnte dauern dürfte. Das Ziel ist, dass der Wiederaufbau erst beginnt, wenn der Krieg zu Ende ist. Doch weil die Ukraine so ein grosses Land ist, ist auch denkbar, dass die Infrastruktur in manchen Gebieten bereits repariert wird, während andernorts noch immer gekämpft wird.
Wer sind die Teilnehmenden? Der ukrainische Präsident Wolodimir Selenksi nimmt per Video-Schaltung an der Konferenz teil. Premierminister Denys Schmyhal, sieben weitere ukrainische Minister und der Parlamentspräsident werden aber in Lugano vor Ort sein.
Seit Kriegsbeginn hat keine so grosse ukrainische Delegation das Land verlassen. Die Schweizer Gastgeber sind Bundespräsident Ignazio Cassis und Bundesrätin Simonetta Sommaruga. Zudem haben sich Vertreterinnen und Vertreter von 38 Staaten und 14 internationalen Organisationen angemeldet. Der prominenteste Name auf der Liste: EU-Kommissions-Präsidentin Ursula von der Leyen.
Acht Staatschefs werden in Lugano erwartet. Die meisten Nachbarländer – und auch andere wichtige Player wie etwa die USA – lassen sich von Ministerinnen und Ministern vertreten. Russland wurde nicht eingeladen, analog zu den vorangehenden vier Ukraine-Konferenzen, die in anderen Staaten stattfanden. Im Schweizer Aussendepartement heisst es aber, man habe die russische Botschaft in Bern über die Konferenz informiert.
Die ersten vier Ukraine-Konferenzen hatten vor dem russischen Einmarsch am 24. Februar stattgefunden. Im Vergleich zu diesen Treffen ist das Teilnehmerfeld diesmal hochrangiger.
Was sind die Ziele der Konferenz? Im Fokus stehen die Themen Infrastruktur, Umwelt, Wirtschaft, Gesellschaft und Digitalisierung. Das Ziel ist, dass möglichst viele der Anwesenden eine «Lugano Declaration» unterschreiben, in der die wichtigsten Grundsätze zum Wiederaufbau der Ukraine festgehalten werden. Welches Land dabei welche Aufgaben übernimmt oder wer finanziell wie viel beiträgt, soll dabei noch nicht festgelegt werden.
Welche Bedeutung hat die Konferenz international? In letzter Zeit haben gleich mehrere internationale Spitzentreffen stattgefunden, bei denen der Krieg in der Ukraine im Fokus stand – letzte Woche etwa der G7-Gipfel in Bayern oder die Nato-Gipfel in Madrid. Viele Staatschefinnen und Staatschefs dürften sich nach diesem intensiven internationalen Austausch nun wieder verstärkt der Innenpolitik widmen. Dies ist eine Erklärung, weshalb sie nicht in die Schweiz reisen.
An den anderen Gipfeltreffen standen jedoch politische Fragen sowie Sicherheit und Verteidigung im Zentrum. Nun wird erstmals über den Wiederaufbau der Ukraine debattiert. Dass viele bekannte Namen auf der Gästeliste fehlen, könnte aber auch damit zu tun haben, dass der deutsche Kanzler Olaf Scholz nur eine Woche vor dem Treffen in Lugano eine eigene Wiederaufbau-Konferenz angekündigt hat, gemeinsam mit Ursula von der Leyen. Wann diese stattfinden wird, ist noch offen.