Europa leidet in diesem Sommer unter extremer Trockenheit. In vielen Ländern brennen die Wälder, beispielsweise in Frankreich oder Deutschland. Nicht so in der Schweiz. Woran das liegt, erklärt Marco Conedera. Er erforscht dieses Thema bei der Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft (WSL).
SRF News: Wieso brennt der Wald in der Schweiz seltener als in Frankreich oder Deutschland?
Marco Conedera: Wir haben etwas andere Verhältnisse, klimatisch und vor allem in der Struktur der Landschaft. Wir sind ein kleines Land. Bei uns ist alles tendenziell kleinräumig und auch gepflegt. So können Waldbrände nicht so häufig vorkommen. Vor allem werden sie in der Regel nicht so gross und nicht so verheerend.
Dennoch erleben wir diesen Sommer auch in der Schweiz eine massive Trockenheit. Mit dem Klimawandel könnte das in Zukunft häufiger vorkommen. Was bedeutet das für die Waldbrandgefahr mit Blick auf die Schweiz?
Auch in der Schweiz werden wir durch diese Klimaveränderungen häufiger Waldbrandgefahr haben. Der Umgang mit dem Feuer muss also vorsichtiger sein. Auch beim Grillieren und in der Freizeit muss einem bewusster sein, dass dies eventuell ausser Kontrolle geraten kann. Und dass es eine richtige Gefahr für Waldbrände darstellt.
Wenn in der Schweiz ein Feuerverbot oder Feuerwerksverbot gilt, befolgen das alle.
Die Bevölkerung ist sich der Gefahren sehr bewusst. Im Mittelmeerraum brennt es oft wegen Brandstiftung oder Unachtsamkeit. Wenn in der Schweiz ein Feuerverbot oder Feuerwerksverbot, auch am Nationalfeiertag, gilt, befolgen das alle.
Gibt es auch Möglichkeiten in Bezug auf den Wald selber, um Brände wegen grosser Trockenheit vorzubeugen? Zum Beispiel mit einer anderen Zusammensetzung des Waldes oder einer Änderung in der Pflege?
Wenn es trocken ist, ist jeder Waldtyp entzündbar und somit waldbrandgefährdet. Was dann ändert, ist die Reaktion der Vegetation nach einem Brand. Es gibt Baumarten, die schnell reagieren, die aus den Knospen sogar wieder ausschlagen können. So kann die Vegetation je nach Brandtyp sehr schnell wieder eine Deckung bilden. Das wird in Zukunft nicht nur wegen Waldbränden nötig sein. Sondern allgemein, damit unsere Vegetation auch die Dürreperioden überstehen kann.
Für die Brandprävention ist es auch entscheidend, dass der Wald und der Waldboden gepflegt werden. Doch gerade in den Bergen ist die Landwirtschaft eher auf dem Rückzug. Was hat das für Auswirkungen?
In den Bergen ist das tatsächlich ein Problem. Nicht nur, weil die Landwirtschaft zurückgeht, sondern auch, weil Berggebiete von sich aus waldbrandgefährdeter sind. Denn die Thermik, die bei einem Feuer entsteht, zieht das Feuer nach oben. Das heisst, im Gebirge kann sich das Feuer viel schneller weiterentwickeln als im Flachland. Und somit sind in den gebirgigen Kantonen bereits jetzt zum Teil grosse Brände möglich. Das haben wir in den letzten Jahren bereits erlebt.
Im Gebirge kann sich das Feuer viel schneller weiterentwickeln als im Flachland.
Wenn beispielsweise ein Blitz oder ein Grillfeuer einen Wald entzündet: Was braucht es dann, damit man diesen möglichst gut bekämpfen kann?
Es braucht eine technische und organisatorische Voraussetzung. Technisch braucht es Wasserpunkte. Vor allem im Gebirge brauchen Helikopter Punkte, wo sie auf der Höhe der Feuer Wasser tanken können. So können sie aus der Luft die Feuerfront bekämpfen. Organisatorisch braucht es bei der Feuerwehr ausgebildete Spezialisten, die wissen, wie ein Waldbrand zu bekämpfen ist. Das ist taktisch ganz anders als bei urbanem Feuer. Es braucht eine andere Ausbildung und ein entsprechendes Training.
Das Gespräch führte Tobias Bühlmann.