Europa brennt. Verschiedene Regionen kämpfen gegen grossflächige Waldbrände. Diese sind im Sommer bis zu einem gewissen Grad normal. Die Situation in diesem Jahr ist aber aussergewöhnlich. Bereits jetzt ist in Europa mehr Waldfläche verbrannt als normalerweise im gesamten Jahr. Die Hintergründe kennt Harald Bugmann. Er ist Professor für Waldökologie an der ETH Zürich.
SRF News: Warum häufen sich die Brände dieses Jahr?
Harald Bugmann: Der Hauptgrund für die Brände ist die Trockenheit. Denn wenn das Brandgut sehr nass ist, kommen keine Waldbrände zustande. Die Hitze kommt erst dann, wenn die Trockenheit bereits da ist. Heiss wird es erst, wenn keine Feuchtigkeit mehr verdunsten kann. Ein weiterer Faktor sind die starken Winde. Diese erleichtern die Ausbreitung von Waldbränden erheblich. Das sind die natürlichen Gründe.
Die meisten Waldbrände entstehen durch Nachlässigkeit oder Fahrlässigkeit.
Daneben gibt es auch menschengemachte. Die meisten Waldbrände entstehen durch Nachlässigkeit oder Fahrlässigkeit. Zum Teil auch aus Absicht: Man will bestimmte Gebiete abbrennen, damit man später beispielsweise Häuser darauf bauen kann.
Die Waldbrände wüten dieses Jahr besonders heftig. Was sind die Folgen für die Flora und Fauna in den betroffenen Gebieten?
In Gebieten, die sich durch eine starke Sommertrockenheit auszeichnen, gehören Waldbrände zum natürlichen Geschehen. Dort sind die Ökosysteme an Brände angepasst. Und wenn beispielsweise ein dunkler Wald verbrennt, schafft das neue Nischen für Organismen, die auf Licht angewiesen sind. Für Pflanzen oder Tiere werden mehr Weidegründe zur Verfügung gestellt.
Die Natur kann grundsätzlich mit Waldbränden umgehen.
Die Natur kann grundsätzlich mit Waldbränden umgehen. Sie sind aus Sicht der Natur kein Problem. Wenn sich das Brandregime ändert, wie wir es beispielsweise nördlich der Alpen wahrzunehmen glauben, dann passen sich die Ökosysteme ebenfalls an. Das dauert zwar ein Weilchen, aber das können die Ökosysteme.
Was sind die Folgen für den Mensch?
Wir sind als Gesellschaft auf viele Leistungen des Waldes angewiesen. In der Schweiz ist das beispielsweise der Schutz vor Naturgefahren. Wir gehen im Sommer sehr gern in den Wald spazieren. Es ist kühl dort, wir können uns vor der Hitze schützen. Wir möchten aus dem Wald auch Holz oder Fasern für verschiedene Zwecke beziehen.
Wenn der Wald abbrennt, dann ist das CO2 wieder in der Atmosphäre.
Und wenn der Wald abbrennt, dann ist das CO2 wieder in der Atmosphäre. Das führt zum letzten Stichwort. Wälder und Böden speichern sehr viel Kohlenstoff. Wenn Flur- und Waldbrände stattfinden, dann geht dieser Kohlenstoff zurück in die Atmosphäre. Und das ist nicht gut aus der Perspektive des Treibhauseffektes.
Rechnen Sie in Zukunft mit einer weiteren Zunahme an grossflächigen Waldbränden?
Wenn der Klimawandel weiter voranschreitet, so ist zu erwarten, dass wir häufigere, längere und stärkere Trockenheit erleben werden. Das ist in der Tendenz bereits heute sichtbar. Das Jahr 2022 passt in dieses Schema. Es ist kein Beweis für den Klimawandel, aber es ist genau das, was wir erwarten: sehr lange, sehr intensive Trockenperioden. Das heisst, wir erwarten mehr Waldbrände dort, wo es heute schon Waldbrände gibt. Aber neu sind auch Waldbrände dort zu erwarten, wo wir bisher noch nicht an Waldbrände gewöhnt waren.
Müssen wir lernen, einen Umgang mit diesen Waldbränden zu finden?
Das ist richtig. Wenn sich das Klima ändert, müssen wir lernen, mit Waldbränden auf verschiedensten Ebenen umzugehen. Aber die beste Massnahme, um zu verhindern, dass es überhaupt so weit kommt, wäre, den Klimawandel zu verhindern, indem wir die Emissionen reduzieren.
Das Gespräch führte Janis Fahrländer.