«Ambulante Behandlungen sind für Patientinnen und Patienten besser», stellt der Berner Regierungsrat Pierre Alain Schnegg fest. Er ist im Vorstand der kantonalen Konferenz der Gesundheitsdirektorinnen und -direktoren GDK und versteht in der ambulanten Medizin auch eine Antwort auf den Fachkräftemangel. So könnten Spitäler entlastet werden.
Ungenügende Tarife
Auch wenn ambulante Behandlungen für Patientinnen und Patienten angenehmer und volkswirtschaftlich günstiger sind – für die Spitäler sind sie ein Verlustgeschäft. Seit Jahren kritisieren Kliniken und Spitäler, die Tarife seien nicht kostendeckend. Pierre Alain Schnegg spricht von Einnahmen, die den Spitälern durch den Wandel entgehen. Dieser wirke sich auf die Versorgungslandschaft aus, und das könne verunsichern, räumt er ein.
Ambulante Tarife sind nicht für Behandlungen in teuren Spital-Infrastrukturen ausgelegt. Inzwischen liegen aktualisierte ambulante Tarife vor, die aber noch in Kraft gesetzt werden müssen. Damit entfiele ein Faktor, der bisher den Wandel von stationären zu ambulanten Behandlungen gebremst oder verhindert hat – also Eingriffe ohne Übernachtung in Klinik oder Spital.
Fehlanreize in der Finanzierung
In ein paar Jahren findet eine weitere wichtige Änderung statt: Die Finanzierung im Gesundheitswesen wird einheitlich. Das heisst, dass sich Kantone und Krankenkassen an allen Behandlungen beteiligen. Sie haben deshalb beide ein Interesse daran, ambulante Behandlungen zu fördern, wenn sie medizinisch sinnvoll sind.
Heute ist es nämlich so, dass ambulante Behandlungen ganz von den Krankenkassen und somit von den Prämien gedeckt werden. Bei den stationären Behandlungen übernehmen derzeit die Kantone über die Hälfte der Kosten.
Mit neuen Tarifen und einer neuen Finanzierung sind gemäss Bund und Kantonen wichtige Weichen hin zu mehr ambulanten Behandlungen gestellt. Behörden und Gesundheitsfachleute machen jedoch klar, dass sich der gewünschte Wandel nicht automatisch und nicht von heute auf morgen vollzieht.
Für Tarifspezialist Simon Hölzer ist klar, dass es einen Umbau des Gesundheitswesens braucht. Auch unter den veränderten Bedingungen werden die Tarife die Kosten einer ambulanten Behandlung in einem Spital nicht decken, sagt Hölzer, der die Organisation «SwissDRG» für stationäre Tarife leitet.
Anders sieht es aus, wenn die Behandlungen in einem Ambulatorium oder in einer Praxis mit weniger Fixkosten vorgenommen würden. Gesundheitsökonom und Mediziner Hölzer bringt auch die Möglichkeit ins Spiel, sich zu überlegen, wer welche Behandlung wo und wie am besten erbringen könnte. Es brauche eine ganzheitliche, koordinierte oder integrierte Versorgung, die auch die Spitex, die Apotheken, den Hausarzt und die Therapeutin einbeziehe.