Die Wahlen in Genf waren spannend wie noch nie. Schafft es Pierre Maudet zurück in die Regierung und hält links-grün die Mehrheit? Das waren die zentralen Fragen, die Genf die letzten Tage umtrieben.
Aber Genf wäre eben nicht Genf, wenn es nicht für Überraschungen gut wäre. Das Stimmvolk spricht Pierre Maudet sein Vertrauen aus und wählt ihn in die Exekutive. Die Affäre rund um seine Einladung nach Abu Dhabi, seine Verurteilung durch das Bundesgericht und seine Lügen scheinen heute vergessen.
Rechte übernimmt Mehrheit
Eigentlich hätten die Allianzen links und rechts Pierre Maudet einen Strich durch die Rechnung machen müssen. Genf aber will seinen gefallenen FDP-Politstar zurück, galt er doch als Vorzeigepolitiker mit grosser politischer Erfahrung. Genf hat Pierre Maudet nicht nur verziehen, es honoriert seine Arbeit als ehemaliger Staatsrat.
Aber nicht nur das. Die Rechte, die so gespalten war, übernimmt die Mehrheit im Staatsrat. Mit der Nichtwiederwahl von Fabienne Fischer von den Grünen verlieren die Linken die seit 2021 gehaltene Mehrheit. Bis zum letzten Moment war unklar, ob die grosse bürgerliche Allianz aus Mitte, FDP, SVP und der populistischen Bewegung MCG halten würde. Wurde sie doch ad hoc nach dem ersten Wahlgang aus dem Boden gestampft, um die Mehrheit im Staatsrat zurückzuholen. Aber auch, um Pierre Maudet zu verhindern. Ersteres gelang, Zweiteres nicht.
Eine Genferei
Zum ersten Mal aber wird der Kanton Genf von einer Frauenmehrheit regiert. Neben Nathalie Fontanet, der starken FDP-Finanzdirektorin, ziehen neu Anne Hiltpold von der FDP, Delphine Bachmann von der CVP und Carole-Anne Kast von der SP in die Regierung ein. Damit regieren vier Frauen und drei Männer Genf – ein Novum in der Geschichte des Kantons am Zipfel des Genfersees. Ein Zeichen für und von Frauen.
Etwas surreal bleibt das Ganze doch – oder eine Genferei, wie man hier wohl sagen würde. Rechtlich hat die Verurteilung von Pierre Maudet keinen Einfluss auf seine Wahl. Aber seine künftigen Kolleginnen und Kollegen dürften nicht glücklich sein. Hat ihm doch die Regierung vor drei Jahren sämtliche Amtsgeschäfte entzogen.
Und mit drei seiner damaligen Kolleginnen muss Pierre Maudet nun wieder zusammenarbeiten. Das könnte politisch problematisch werden, vor allem wenn es darum geht, repräsentative Aufgaben zu übernehmen, in Bern etwa. Handelt es sich doch um einen verurteilten Magistrat.
Der Wahltag in Genf zeigt aber – die Republik wird dem Klischee gerecht, dass hier manches anders läuft.