Darum geht es: Die Schweizer Diplomatie arbeitet mit Hochdruck an der Ukraine-Konferenz vom 15. und 16. Juni auf dem Bürgenstock. Dort soll im besten Fall ein Friedensprozess für den Krieg zwischen der Ukraine und Russland angestossen werden. Die Erwartungen werden bewusst tief gehalten, auch weil Russland nicht an der Konferenz teilnimmt. Mittlerweile ist klar, welche Länder auf den Bürgenstock kommen und über welche konkreten Inhalte voraussichtlich gesprochen werden kann. Der Bundesrat spricht von aktuell 80 Zusagen und beziffert die Kosten für den Grossanlass auf ungefähr 15 Millionen Franken, davon zehn Millionen für die Sicherheit.
Die geplante Agenda: Die Ukraine und die Schweiz als gemeinsame Gastgeber haben einige Themenfelder definiert, über die man reden will und eventuell auch Beschlüsse fassen will. So etwa über die Sicherheit von Atomanlagen, mit Blick auf Europas grösstes Atomkraftwerk Saporischja und Aktionspläne der UNO-Atombehörde IAEA. Aber auch über den Austausch von Gefangenen, wo es schon gewisse Erfolge gab. Dazu kommt die freie Schifffahrt im Schwarzen Meer wegen der Getreideexporte, die stark im Interesse der Dritten Welt ist. Es gehe aber letztlich um eine sehr begrenzte Agenda, erklärt Fredy Gsteiger, diplomatischer Korrespondent SRF.
Das wird nicht Thema sein: Die grossen und schwierigen militärischen und sicherheitspolitischen Themen können ohne die Russen am Tisch auf dem Bürgenstock gar nicht ernsthaft aufgegriffen werden. Etwa ein Waffenstillstand oder territoriale Fragen über die Rückgabe von russisch besetzten Gebieten. Auch um die künftige Stellung der Ukraine in der Welt, etwa als Nato-Mitglied oder als neutraler Staat, wird es nicht gehen.
Die abwesenden Grossen: Von den über 160 auf den Bürgenstock eingeladenen Ländern haben laut Präsident Wolodimir Selenski bisher deren 106 zugesagt. Grosse Hoffnungen waren auf China gesetzt worden, um dessen Teilnahme sich die Schweiz sehr bemüht hatte. Doch nach der Absage Chinas und Brasiliens wird von den BRICS-Schwellenländern nur Indien teilnehmen. Das ist mehr als ein Wermutstropfen, denn eigentlich sollten möglichst viele Länder mit Einfluss auf das abwesende Russland auf den Bürgenstock kommen. Der Gipfel wird damit stark westlich geprägt sein – mit dem Charakter einer Ukraine-Unterstützungskonferenz mit begrenztem Mehrwert.
Die Störaktionen Russlands: Russland erteilte dem Treffen von Anfang an eine Absage. Doch statt es zu ignorieren, greift Moskau die Schweiz an und macht über die Staatsmedien auch Druck auf befreundete Länder, keine Delegationen zu schicken. Dies alles deutet darauf hin, dass der Kreml die Konferenz offenbar doch ernst nimmt und als sehr störend empfindet. Nach den Worten von Präsident Selenski macht nun sogar China Druck auf Staaten, den Gipfel zu meiden.
Die Erwartungen: Die Bürgenstock-Konferenz wird unter diesen Voraussetzungen ganz gewiss nicht zum Wendepunkt im Ukraine-Krieg. Ein ganz kleiner Schritt in Richtung Frieden ist bestenfalls möglich. Häufig wird der Begriff «Friedenskonferenz» verwendet. Doch selbst mit dem offiziellen Titel «Konferenz über Frieden» wird wohl zu viel versprochen.