Christian Reinhart ist 66 Jahre alt, pensioniert, lebt im solothurnischen Halten. Ein Macher, er hilft gern. Seit Ausbruch des Ukraine-Kriegs nehmen er und seine Frau Flüchtlinge bei sich zu Hause auf. Kürzlich hat er zwei neue Flüchtlinge einquartiert. Nur schaffte er es mehrere Male nicht, sie zu registrieren. Aufnahmestopp, hiess es.
Zu Beginn waren 11 Personen aus der Ukraine in Christian Reinharts Haus untergebracht: eine sechsköpfige Familie und deren Nachbarn. Geschlafen haben sie im Keller, in seiner Wohnung, und in einer Wohnung, in der früher Reinharts Mutter lebte. Von den 11 Personen lebt heute nur noch eine Grossmutter hier. Deren Familie ist in die Ukraine zurückgekehrt, die Nachbarfamilie in eine andere Wohnung in Halten gezügelt.
Erneut Flüchtlinge aufgenommen
Nun hat Christian Reinhart wieder Platz und hat zwei neue Flüchtlinge aus der Ukraine aufgenommen: eine Freundin der Grossmutter, und ein Kollege, der verletzt ausreisen durfte. Seit Dezember sind beide hier. Wer Flüchtlinge beherbergt, muss sie registrieren lassen. Nur so haben sie Zugang zu Sozialhilfe oder Deutschkursen.
Das ist ein Frust. Ich war schon viermal im Registrierungszentrum.
Dafür muss Christian Reinhart ins Registrierungszentrum nach Basel. «Das ist ein Frust. Ich war schon viermal in Basel. Man zieht eine Nummer, wartet und wartet. Wenn man an der Reihe ist, heisst es am Tresen: Fingerabdruck und Passfoto sind nicht möglich, Solothurn ist rot.» Rot bedeutet, dass der Kanton Solothurn sein «Aufnahmesoll» für jenen Tag schon erfüllt hat. Deshalb kann er keine Ukrainerinnen und Ukrainer registrieren lassen.
Schweizer Bürokratie
Sind die Behörden nicht froh um jedes Bett? Erst gerade kürzlich hat der Aargau zum Beispiel den Asylnotstand ausgerufen. Es gehe um den Verteilschlüssel, sagt Anne Birk, Abteilungsleiterin Soziale Leistungen beim Kanton Solothurn. Jeden Tag wird neu berechnet, welcher Kanton wie viele Flüchtlinge aufnehmen muss. Hat ein Kanton schon genug Flüchtlinge aufgenommen, werden sie aus den Bundesasylzentren in andere Kantone verteilt.
Nur: Wenn Flüchtlinge bei Privaten unterkommen, haben sie bereits ein Bett, sind schon platziert. «Das ist ein Fehler im System. Die Flüchtlinge gehen dorthin, wo sie Bekannte haben. Es bräuchte wohl zwei verschiedene Verteilschlüssel», findet Christian Reinhart.
Flüchtlinge bei Privaten sind nicht vorgesehen
Dass Privatpersonen Flüchtlinge beherbergen, sei nicht geplant, sagt Anne Birk vom Kanton Solothurn: «Die Asylsystematik sieht nicht vor, dass Flüchtlinge privat unterkommen und sich rückwirkend registrieren. Das Feld soll nicht von hinten aufgerollt werden.»
Besser wäre, Private würden sich melden, wenn sie freie Betten haben, damit ihnen Flüchtlinge zugewiesen werden können. «Sonst funktioniert das Verteilsystem zwischen Bund, Kanton und Gemeinde nicht mehr.» Man könne als schutzsuchende Person nicht wählen, in welchem Kanton man wohne, ausser bei Familienzuführungen. Flüchtlingshelfer Reinhart hat wenig Verständnis dafür. Er kenne zudem Private, die sich als Gastfamilien gemeldet und seit Monaten nichts mehr von den Behörden gehört hätten.
Für «seine» zwei neuen Flüchtlinge gibt es unterdessen eine Lösung. Beim dritten Versuch im Registrierungszentrum Basel hat es kürzlich geklappt. Sie konnten registriert werden. Reinhart hat einen Tag erwischt, an dem der Bund für den Kanton Solothurn noch Plätze frei hatte.