Die Schweiz will bis 2024 ihre Entwicklungszusammenarbeit auf vier Schwerpunkt-Regionen konzentrieren. In den Ländern Lateinamerikas wird sie beendet. Die beiden zuständigen Departemente – das Aussendepartement (EDA) und das Wirtschaftsdepartement (WBF) – haben die Details der bereits angekündigten Neuausrichtung erstmals in eine Vernehmlassung geschickt.
Weniger Projekte, dafür mehr Wirkung
Nordafrika und Mittlerer Osten, Subsahara-Afrika, Asien und Osteuropa: Das sind künftig die Regionen, in welchen sich die Schweiz mit ihrer Entwicklungszusammenarbeit engagieren will.
Laut Aussenminister Ignazio Cassis haben Evaluationen gezeigt, dass man mit zu kleinen Projekten in zu vielen Regionen aktiv gewesen sei. «Die Bündelung der Kräfte bringt mehr Wirkung.» Deshalb konzentriere man sich künftig auf die vier Regionen. Im Bereich der humanitären Hilfe nach Katastrophen und in der Friedensvermittlung bleibt die Schweiz allerdings in allen Regionen der Welt aktiv.
Die Engagements der Entwicklungszusammenarbeit in Lateinamerika und der Karibik werden schrittweise beendet. Die Schweiz will sich bis in fünf Jahren nicht mehr auf 46 Länder, sondern nur noch auf 34 Länder konzentrieren.
Fokussierung auf vier Themenbereiche
Auch thematisch will die Schweiz ihre internationale Zusammenarbeit fokussieren. Im Zentrum stehen künftig die Schaffung von Arbeitsplätzen vor Ort, die Bekämpfung des Klimawandels und den Ursachen irregulärer Migration sowie das Engagement für Frieden und Rechtsstaatlichkeit.
Dass so die Migrationspolitik noch stärker mit der Zusammenarbeit verknüpft werden soll, hat der Schweiz bereits im Vorfeld Kritik eingetragen. Cassis betont, dass diese Verknüpfung 2015 vom Parlament beschlossen worden sei und schon jetzt Bestandteil der Entwicklungszusammenarbeit sei.
Kritik der OECD Rechnung tragen
Der Kritik der OECD – die Schweiz solle nicht ausschliesslich nach dieser Verknüpfung vorgehen – werde Rechnung getragen, so Cassis weiter: «Genau das schlagen wir in der Vernehmlassung jetzt auch vor.» So gehe es etwa nicht, dass damit gedroht werde, ein Land von der Liste der Zusammenarbeit zu streichen.
Insgesamt will der Bund für die Jahre 2021 bis 2024 rund 11.5 Milliarden Franken für die Entwicklungszusammenarbeit einsetzen. Das sind etwa 0.45 Prozent des Bruttonationaleinkommens. Eigentlich hatte das Parlament den Bundesrat 2011 damit beauftragt, die Quote auf 0.5 Prozent zu erhöhen.
Kritik an Verknüpfung mit der Migration
In einer ersten Reaktion äussert sich die Arbeitsgemeinschaft der grössten Schweizer Entwicklungsorganisationen, Alliance Sud, kritisch-abwartend. Es brauche noch Klärung, sagt die Fachverantwortliche, Eva Schmassmann.
Klar ist für sie jedoch: «Projekte, die vor allem die Grundbedürfnisse vorwärts bringen, sind sinnvoll. Kurzfristig gedachte Projekte, welche die Migration vor allem verhindern wollen, sind nicht sinnvoll.» Die Fokussierung auf weniger Regionen mache Sinn, findet Alliance Sud.
«11'500 Millionen Franken Steuergeld»
Nun also liegen die Eckwerte der künftigen Entwicklungszusammenarbeit vor. Wohin genau es in den nächsten Jahren geht, wird die Vernehmlassung zeigen.
Dass diese erstmals durchgeführt werde, sei im Übrigen nicht ein Zeichen von Unsicherheit. Vielmehr gehe es darum, dass sich Interessierte dazu äussern könnten, wie «die 11'500 Millionen Franken Steuergeld» verwendet werden sollen, so Cassis. «Es ist wichtig, dass die Schweiz zu dieser wichtigen Investition in die Zukunft steht.»
Die Vernehmlassung dauert bis Ende Sommer.