- Seit dem 1. Januar 2025 darf in der Schweiz an öffentlich zugänglichen Orten das Gesicht nicht mehr verhüllt sein.
- Das neue Gesetz betrifft insbesondere religiöse Gesichtsschleier – gerade bei Touristinnen.
- Das Beispiel Interlaken zeigt: Die betroffenen Frauen lassen sich nicht abschrecken und zeigen sich erfinderisch.
Ein kleiner Laden mitten in Interlaken: Hier können Touristinnen und Touristen Touren buchen oder Zugtickets bestellen – alles auf Arabisch. Es ist die erste Anlaufstelle für arabische Gäste. Die Schweiz sei ein beliebtes Reiseziel, sagt Inhaber Emad Boutrous. Die Kundinnen und Kunden kämen aus Saudi-Arabien, Kuwait oder Katar – und das zahlreich, trotz des neuen Verbots: «Die Berge, das Klima und die gute Luft locken die Leute dennoch in die Schweiz.»
Die Hygienemaske ist für die Frauen ein guter Kompromiss.
Immer häufiger umgehen religiöse Frauen das Verbot in der Schweiz. Sie tragen ein Kopftuch und bedecken ihr Gesicht mit einer Hygienemaske. «Für sie ist das ein guter Kompromiss», sagt Boutrous.
Hygienemaske statt traditionellem Gesichtsschleier: Dieser Trick habe sich schnell herumgesprochen, sagt der Inhaber des Reisebüros. Auch, weil in Österreich und in Frankreich ein ähnliches Verbot schon länger gilt. Vom Schweizer Verbot wüssten die meisten. Und wenn nicht, gibt Geschäftsinhaber Boutros den Tipp mit der Hygienemaske und empfiehlt, in der Apotheke um die Ecke eine zu kaufen.
Tatsächlich sind auf den Strassen von Interlaken viele Touristinnen aus dem Nahen Osten mit Hygienemasken unterwegs. Mit den Touristinnen zu sprechen, ist fast unmöglich, viele wollen nicht. Wenn es um das Verhüllungsverbot geht, brechen sie das Gespräch ab.
Die arabischen Gäste gehören zu den wichtigsten in der Region. Das lokale Tourismusbüro habe noch keine Rückmeldungen von Gästen erhalten, sagt Renato Julier: «Die meisten Gäste werden sich anpassen. Sie empfinden es nicht als Angriff auf ihre Kultur.» Dass die betroffenen Frauen das Gesetz mit Hygienemasken umgehen können, werde den Reisenden aber nicht explizit empfohlen.
Wie die Behörden nun reagieren
Auch Gemeindepräsident Philippe Ritschard hat schon von diesem Trick gehört. Er muss darüber schmunzeln. «Die Leute sind erfinderisch», sagt er und lacht. Ist das Schlupfloch ein Problem? Es sei nicht Aufgabe der Gemeinde, das Verbot durchzusetzen. Dafür gebe es die Polizei, so der Gemeindepräsident. Er rät, ein Auge zuzudrücken.
Bisher seien die Buchungen für diese Saison aus dem arabischen Raum sehr zufriedenstellend, heisst es aus Tourismuskreisen. Trotz des Verbots.