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Umgang mit Verhüllungsverbot Interlaken: Touristinnen tricksen mit Hygienemasken

  • Seit dem 1. Januar 2025 darf in der Schweiz an öffentlich zugänglichen Orten das Gesicht nicht mehr verhüllt sein.
  • Das neue Gesetz betrifft insbesondere religiöse Gesichtsschleier – gerade bei Touristinnen.
  • Das Beispiel Interlaken zeigt: Die betroffenen Frauen lassen sich nicht abschrecken und zeigen sich erfinderisch. 

Ein kleiner Laden mitten in Interlaken: Hier können Touristinnen und Touristen Touren buchen oder Zugtickets bestellen – alles auf Arabisch. Es ist die erste Anlaufstelle für arabische Gäste. Die Schweiz sei ein beliebtes Reiseziel, sagt Inhaber Emad Boutrous. Die Kundinnen und Kunden kämen aus Saudi-Arabien, Kuwait oder Katar – und das zahlreich, trotz des neuen Verbots: «Die Berge, das Klima und die gute Luft locken die Leute dennoch in die Schweiz.»

Die Hygienemaske ist für die Frauen ein guter Kompromiss.
Autor: Emad Boutrous Inhaber Arab Service

Immer häufiger umgehen religiöse Frauen das Verbot in der Schweiz. Sie tragen ein Kopftuch und bedecken ihr Gesicht mit einer Hygienemaske. «Für sie ist das ein guter Kompromiss», sagt Boutrous.

Zwei Männer in einem Geschäft
Legende: Inhaber Emad Boutrous (links) verkauft in seinem Geschäft Reisen und Ausflugserlebnisse in der Schweiz. SRF/Thomas Pressmann

Hygienemaske statt traditionellem Gesichtsschleier: Dieser Trick habe sich schnell herumgesprochen, sagt der Inhaber des Reisebüros. Auch, weil in Österreich und in Frankreich ein ähnliches Verbot schon länger gilt. Vom Schweizer Verbot wüssten die meisten. Und wenn nicht, gibt Geschäftsinhaber Boutros den Tipp mit der Hygienemaske und empfiehlt, in der Apotheke um die Ecke eine zu kaufen.

Frauen mit Schleier
Legende: So ist es nicht mehr erlaubt: Diese Frauen mit dem sogenannten Niqab wurden 2016 in Interlaken fotografiert. Keystone/Peter Klaunzer

Tatsächlich sind auf den Strassen von Interlaken viele Touristinnen aus dem Nahen Osten mit Hygienemasken unterwegs. Mit den Touristinnen zu sprechen, ist fast unmöglich, viele wollen nicht. Wenn es um das Verhüllungsverbot geht, brechen sie das Gespräch ab.

Wiese und Berge
Legende: Frühling in Interlaken: Viele Gäste zieht es ins Berner Oberland, gerade auch aus Nahost. SRF/Thomas Pressmann

Die arabischen Gäste gehören zu den wichtigsten in der Region. Das lokale Tourismusbüro habe noch keine Rückmeldungen von Gästen erhalten, sagt Renato Julier: «Die meisten Gäste werden sich anpassen. Sie empfinden es nicht als Angriff auf ihre Kultur.» Dass die betroffenen Frauen das Gesetz mit Hygienemasken umgehen können, werde den Reisenden aber nicht explizit empfohlen.

Wie die Behörden nun reagieren

Auch Gemeindepräsident Philippe Ritschard hat schon von diesem Trick gehört. Er muss darüber schmunzeln. «Die Leute sind erfinderisch», sagt er und lacht. Ist das Schlupfloch ein Problem? Es sei nicht Aufgabe der Gemeinde, das Verbot durchzusetzen. Dafür gebe es die Polizei, so der Gemeindepräsident. Er rät, ein Auge zuzudrücken.

Bisher seien die Buchungen für diese Saison aus dem arabischen Raum sehr zufriedenstellend, heisst es aus Tourismuskreisen. Trotz des Verbots.

Eine Herausforderung für die Polizei

Box aufklappen Box zuklappen

Wer das Gesicht verhüllt, kann mit einer Busse bis 1000 Franken bestraft werden. Die Kantonspolizei Bern hat schon eine Busse aussprechen müssen.

Hygienemasken erweisen sich dabei tatsächlich als ein Schlupfloch. Die Polizei könne nichts dagegen unternehmen, sagt Sarah Wahlen, Sprecherin der Kantonspolizei Bern. «Wir wissen ja nicht, ob die Frauen wirklich krank sind oder nicht.» Im Zweifelsfall suche man das Gespräch.

Da die Saison erst beginnt, kann die Polizeisprecherin noch nicht einschätzen, wie sich die Situation weiterentwickelt. «Wir schauen es laufend an und müssen gegebenenfalls reagieren.» Einen grossen Handlungsspielraum habe die Polizei jedoch nicht. «Wir müssen den gesetzlichen Auftrag ausführen.»

HeuteMorgen, 14.04.2025, 7:00 Uhr;brus

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