Mehr Pflegefachpersonen sind dringend nötig in der Schweiz. Hoch qualifiziertes Personal ist immer schwieriger zu finden – und der Personalmangel hat sich in den letzten Monaten noch verstärkt. «Viele Pflegende haben sich bereits während der starken Belastung durch Corona überlegt, aus dem Beruf auszusteigen», sagt Yvonne Ribi, Geschäftsführerin des Schweizer Berufsverbands der Pflegefachkräfte (SBK). Und jetzt täten sie es wirklich, so Ribi weiter.
Auch verschiedene Spitäler bestätigen gegenüber SRF News die angespannte Situation. So schreiben etwa die Solothurner Spitäler: «Die angespannte Personalsituation hat sich nochmals verstärkt.» Das Universitätsspital Zürich stellte in den beiden letzten Monaten des Jahres 2021 «eine deutliche Zunahme von Kündigungen in der Pflege» fest.
Vorgehen in zwei Etappen
Aktuell sind 13'000 Stellen für Pflegende offen, knapp ein Drittel mehr als noch letztes Jahr. Der Bundesrat hat nach Annahme der Pflegeinitiative beschlossen, in zwei Etappen vorzugehen – die Ausbildungsoffensive und die Verbesserung der Arbeitsbedingungen.
Die Ausbildungsoffensive solle rasch umgesetzt werden, da sie bereits Inhalt des indirekten Gegenvorschlags war, der vom Parlament angenommen wurde. Dieser Gegenvorschlag wurde zwar hinfällig, liefert aber die Basis für eine Botschaft, die in den nächsten Sessionen ins Parlament kommt. Bis frühestens nächstes Jahr soll das Parlament eine Verordnung verabschieden.
Viele Kantone warten ab
Die Kantone warten ab. Das sei ein Problem, meint Yvonne Ribi vom SBK, denn: «Wenn die Kantone ihre Gesetze erst anpassen, wenn das nationale Gesetz verabschiedet wurde, dann entsteht ein Zeitverlust von ein bis zwei Jahren. Und das können wir uns mit dem derzeitigen Fachkräftemangel gar nicht erlauben.»
Einen Zeitverlust von ein bis zwei Jahren können wir uns mit dem derzeitigen Fachkräftemangel nicht leisen.
So einfach sei es aber nicht, so Michael Jordi, Generalsekretär der Schweizerischen Gesundheitsdirektorenkonferenz. Die Kantone bräuchten zuerst die bundesrechtlichen Vorgaben, wohin das Geld überhaupt fliessen soll, bevor sie Massnahmen ergreifen können.
Zürich, die beiden Basel und St. Gallen wollen nicht warten
Es gibt aber auch Kantone, die nicht abwarten. Der Kanton Zürich ist im Februar vorgeprescht und hat beschlossen, knapp vier Millionen Franken in die Weiterbildung von Pflegepersonal zu investieren. Zwischen 1. April 2022 und 31. Januar 2024 sind die Nachdiplom-Studiengänge für Intensiv- und Notfallpflege kostenlos. Auch Basel-Stadt, Basel-Land oder St. Gallen lassen verlauten, dass sie nicht auf den Bund warten wollen. Konkrete Entscheide wurden jedoch noch keine gefällt.
Die Kantone müssen jetzt schnell ihre Gesetze und Verordnungen anpassen.
Entscheide seien aber jetzt nötig, so Yvonne Ribi. Denn: «Die Kantone müssen jetzt schnell ihre Gesetze und Verordnungen anpassen, damit die Ausbildungsoffensive zügig umgesetzt werden kann und die Betriebe dann auch die Möglichkeit haben, genügend Personal für die zusätzlichen Auszubildenden anzustellen.»
Fazit: Die Pflegenden wollen die Ausbildungsoffensive so rasch wie möglich starten, zahlreiche Kantone aber wollen auf die nationale Verordnung warten.