Die Kontroverse um die umstrittene Bührle-Sammlung im Zürcher Kunsthaus brachte auch die Zürcher Stadtpräsidentin Corine Mauch in Bedrängnis. Denn sie vertritt die Stadt in der Zürcher Kunstgesellschaft, dem Trägerverein des Kunsthauses. Nun, da die Verträge zwischen dem Zürcher Kunsthaus und der Bührle-Stiftung öffentlich sind, nimmt sie zum ersten Mal Stellung. Zum neuen Vertrag, der jetzt im Detail regelt, wie das Zürcher Kunsthaus mit Raub- und Fluchtkunst umgehen soll. Aber auch zum alten. Dieser, sagt Corine Mauch, habe der Bührle Stiftung zu viel Macht eingeräumt.
SRF: Guido Magnaguagno, einer der Autoren des Werks «Schwarzbuch Bührle», bezeichnete den alten Vertrag zwischen dem Kunsthaus und der Bührle-Stiftung als «Knebelvertrag». Wie sehen Sie das?
Corine Mauch: Der Vertrag hatte ein Ungleichgewicht, das stimmt. Wir haben damals dem Vertrag nach intensiven Verhandlungen zugestimmt, die Stadt ist nicht in allen Punkten durchgedrungen. Es war ein Kompromiss und hat viel damit zu tun, dass die beiden direkten Nachkommen von Emil Bührle massgeblich in die Vertragsverhandlungen involviert waren.
Aber hätten Sie als Vertreterin des Stadtrats im Vorstand der Zürcher Kunstgesellschaft nicht stärker dafür sorgen müssen, dass Stadt und Kunsthaus mehr Rechte erhalten? Oder hatten Sie Angst, dass der ganze Deal mit der Bührle-Sammlung im Kunsthaus nicht zustande kommen könnte?
Das war nicht der Punkt, aber aus heutiger Sicht würden wir das nicht mehr machen. Rückblickend war es ein Fehler, dass wir damals dem Vertrag zugestimmt haben, das ist ganz klar.
Es gab in den letzten Wochen und Monaten viel öffentliche Kritik wegen der Bührle-Sammlung und dem Umgang mit den dunklen Kapiteln der Geschichte. Was glauben Sie: Würde der neue Vertrag, so wie er jetzt vorliegt, auch so aussehen, ohne diese Kritik?
Die öffentliche Debatte war wichtig. Sie hat dazu beigetragen, dass der Vertrag Details präzise festhält, zum Beispiel zur Provenienzforschung. Aber man muss es auch in einem grösseren Kontext sehen. Es geht bei dieser Debatte nicht nur um die Person Emil Bührle und seine Sammlung, sondern auch, wie sein Reichtum zustande kam. Unter anderem aufgrund von Waffenlieferungen an die Nationalsozialisten und eben auch mit Rückendeckung des Bundesrates.
Es geht um die Geschichte der Schweiz im 2. Weltkrieg, es geht um die Zürcher Gesellschaft. Diese Debatte ist ganz wichtig. Entscheidend ist jetzt, dass eine nationale Kommission eingesetzt wird, die bei Fragen von Restitutionsbegehren dazu beiträgt, faire und gerechte Lösungen zu finden.
Im neuen Vertrag ist jetzt also geregelt, was geschieht, wenn ein ehemaliger Besitzer Anspruch auf eines der Bilder in der Bührle-Sammlung erhebt. Am Schluss kann aber immer noch die Bührle-Stiftung entscheiden, wie sie damit umgeht. Wie können Sie sicherstellen, dass das korrekt abläuft?
Ein nächster Schritt ist der Subventionsvertrag zwischen der Stadt und der Kunstgesellschaft. Der ist verhandelt und wird dem Stadtrat im März unterbreitet, danach dem Parlament vorgelegt. Im Subventionsvertrag wird die Stadt ihre Erwartungen diesbezüglich festhalten und ganz klar formulieren.
Das Gespräch führte Christoph Brunner