- Nach Vorwürfen wegen möglicher Raubkunst: Stiftungsdirektor Lukas Gloor sagt, von den insgesamt 203 Werken sei die Herkunft bei 113 Bildern «lückenlos geklärt», also «unproblematisch».
- Weiter sagt Gloor, dass bei den restlichen 90 Werken die Herkunft zwar «nicht lückenlos geklärt» sei. Dennoch gebe es «keinen Verdacht», dass Bührle die Bilder aufgrund von Notlagen kaufen konnte.
- Emil Bührle habe Geld mit Nazis verdient, eine Nazi-Sammlung habe er aber nicht hinterlassen, so Gloor.
- Im Zentrum der Kritik steht der Verdacht, einige Bilder der Bührle-Stiftung könnten als Raubkunst aus der NS-Zeit gelten.
Es war eine grossangelegte Medienkonferenz heute Vormittag und das Interesse war nicht minder gross. Während rund 100 Minuten nahmen Vertreter des Kunsthauses Zürich, der Bührle-Stiftung und der Kunstgesellschaft, nebst der Jahresbilanz, öffentlich Stellung zu den Vorwürfen der letzten Zeit. Vorwürfe, die es in sich haben: Emil Bührle soll während der NS-Zeit von der Not der Gemäldebesitzerinnen und -besitzer profitiert haben, indem er durch ebenjene Notlage an mutmassliche Fluchtkunst gekommen sei.
Doch an der heutigen Medienkonferenz haben die Verantwortlichen erneut dementiert, dass es sich bei den Gemälden der Sammlung um Flucht- bzw. Raubkunst handle. Die Provenienzforschung – also die Untersuchung, woher die Bilder stammen – habe ergeben, dass von den insgesamt 203 Werken die Herkunft bei 113 Bildern «lückenlos geklärt», also «unproblematisch» sei, sagte Lukas Gloor, Direktor der Stiftung Sammlung Bührle. Weiter sagte er, dass es auch bei den restlichen Werken keinen Verdacht gebe, dass Bührle die Bilder aufgrund von Notlagen kaufen konnte.
Unabhängige Expertenkommission soll Provenienzforschung bewerten
Abgeschlossen ist die Provenienzforschung noch nicht, da man die Ergebnisse nochmals von einer Expertenkommission überprüfen lassen wolle. Das Kunsthaus Zürich reagiert damit auf eine Forderung von Kanton und Stadt Zürich, die unter anderem eine unabhängige Evaluation der bisherigen Forschung gefordert hatten. Ausserdem verwiesen die Verantwortlichen auf eine korrekte Benutzung und Differenzierung der Terminologie, beispielsweise bei den Begriffen «Raubkunst» oder «Fluchtkunst». Ebenso betonte Kunsthaus-Direktor Christoph Becker, dass es hierbei weniger um Gut und Böse gehe, sondern um historische Tatsachen: «Wir lernen im besten Fall aus der Geschichte, dieser Aufgabe haben wir uns gestellt».
Kurzer Abriss des Streits um die Sammlung
Seit Oktober hängen rund 200 Bilder aus der Sammlung des Waffenproduzenten Emil Bührle im Neubau des Kunsthauses Zürich. Dabei handelt es sich um eine Leihgabe, um die eine heftige Debatte entbrannt ist, ob einzelne Bilder als erzwungene Verkäufe zu gelten haben. Zusätzlich geht es auch um die Frage, ob dem Publikum der historische Kontext genug differenziert vermittelt wird. Die Bührle-Stiftung ihrerseits befindet die Sammlung, darunter viele impressionistische Meisterwerke, als unproblematisch.
Historiker der ehemaligen Bergier-Kommission hatten Anfang November jedoch neue Untersuchungen gefordert, um besser zu belichten, woher und unter welchen Umständen die besagten Bilder erworben wurden. Kurze Zeit später teilte die Stadt Zürich mit, dies unterstützen zu wollen. Stiftungsdirektor Lukas Gloor, der Ende Jahr abtritt, kritisierte das Verhalten der Stadt öffentlich. Zugleich äusserte er die Drohung, die Bilder aus dem Kunsthaus abzuziehen.