Zum Inhalt springen

Umstrittene Rüstungsexporte Die kleinen Kantone geben den Takt an

Während der Nationalrat tendenziell für strikte Exportregeln votiert, tut die kleine Kammer das Gegenteil. Das hat seine Gründe.

Grünen-Fraktionschef Balthasar Glättli kämpft vehement gegen Waffenexporte. Er hat überhaupt keine Freude an der kleinen Kammer: «Der Ständerat ist die Hintertür, durch welche die Rüstungsindustrie immer wieder ein Ohr geliehen kriegt im Parlament.»

Tatsächlich wenden sich Schweizer Rüstungsfirmen mit Vorliebe an den Ständerat: So war es bei der gescheiterten Lockerung der Exportregeln im letzten Jahr, und so war es vor fünf Jahren. Damals wurden die Regeln für Exporte in heikle Staaten dann auch gelockert.

Beide Male richtete die Rüstungsindustrie ihre Wünsche zuerst an die sicherheitspolitische Kommission des Ständerats, beide Male nahmen die Ständeräte das Anliegen auf. Im Nationalrat war die Skepsis beide Male viel deutlicher.

Ständeräte machen Regionalpolitik

Das sei kein Zufall, meint BDP-Präsident und Nationalrat Martin Landolt. Wie Glättli setzt er sich für schärfere Regeln beim Waffenexport ein. Die Nähe des Ständerats zur Rüstungsindustrie hat für ihn vor allem regionalpolitische Gründe. Es gehe um Arbeitsplätze in den Regionen, welche die Kantonsvertreter unterstützen würden.

Ständeratssaal.
Legende: Im Ständerat findet die Rüstungslobby eher Gehör als im Nationalrat. Keystone

Deutlich werde das etwa bei Zentralschweizer Ständeräten. Dort hat der Rüstungskonzern des Bundes (Ruag) viele Niederlassungen. Jobs bieten auch die Munitionsproduktion bei Rheinmetall in Altdorf oder der von den Waffenexportregeln ebenfalls betroffene und wirtschaftlich wichtige Nidwaldner Flugzeugbauer Pilatus.

Weil die Zentralschweiz mit ihren zahlreichen kleinen Kantonen besonders viele Ständeräte hat, habe sie Gewicht in der kleinen Kammer, sagt Grünen-Fraktionschef Glättli. Das habe sich letztes Jahr beim gescheiterten Versuch für lockerere Exportregeln deutlich gezeigt.

Gleich lange Spiesse wie die EU

Eine der wichtigsten Stimmen der Rüstungsindustrie im Parlament kommt in der Tat aus der Innerschweiz: Ständerat Isidor Baumann aus dem Kanton Uri. Der Co-Präsident der Rüstungslobby-Organisation «Arbeitskreis Sicherheit und Wehrtechnik» gibt zu, dass da gewisse regionalpolitische Motive mitspielten. Doch es gehe übergeordnet auch um die Industrie in der Schweiz: «Haben wir gleich lange Spiesse wie die Länder in der EU?»

Er verstehe die Angst um Arbeitsplätze durchaus, sagt der Glarner BDP-Nationalrat Landolt. «Aber man darf nicht eine Rüstungsindustrie retten wollen, indem man Waffen in Bürgerkriegsländer exportiert.» Denn das schwäche die gesamte Schweizer Rüstungsindustrie in ihrer Akzeptanz und Glaubwürdigkeit.

Gradlinigere Ständeräte?

CVP-Ständerat Baumann lässt sich vom Druck der Öffentlichkeit, der Medien und von Nationalräten von links bis zur Mitte nicht beeindrucken. Ständeräte seien diesbezüglich schlicht gradliniger, ist er überzeugt: «Es scheint, dass Nationalräte dem Druck stärker unterworfen sind.» Seinem Empfinden nach war dieser Druck in den Medien in letzter Zeit «enorm hoch, populistisch und einseitig».

Baumann kämpfte denn auch für die Rüstungsindustrie – und dagegen, dass das Parlament den Bundesrat beim Definieren der Regeln für den Waffenexport entmachtet. Und einmal mehr entschied die kleine Kammer in Baumanns Sinne.

Meistgelesene Artikel