Umstrittener Gas-Ausbau - Flüssiges Gas gegen die Energiekrise: Pilotversuch in Solothurn
Erstmals in der Schweiz setzt im Kanton Solothurn eine Energieversorgerin auf flüssiges statt normales Gas. Das hat Vorteile, es sorgt aber auch für Kritik. Und: Gegen einen Ausbau der Flüssiggas-Technologie gibt es im Raum Basel Widerstand.
Als erste Energieversorgerin der Schweiz nimmt die Solothurner Regio Energie im Rahmen eines Pilotversuches ein kleines Flüssiggas-Terminal in Betrieb.
Im März will das Unternehmen 33 Tonnen Flüssiggas ins lokale Gasnetz einspeisen, das entspricht einer Energiemenge von rund 500'000 Kilowattstunden und deckt etwa den Jahresbedarf an Wärme von 25 Einfamilienhäusern.
Durch den Pilotversuch mit Flüssiggas, auch LNG genannt, wolle man Erfahrungen sammeln und prüfen, ob sich die Technologie in der Praxis bewährt.
Am Einsatz von Flüssiggas gibt es auch Kritik. Weil es sich um fossile Energie handelt, wehren sich zum Beispiel in Basel Klimaschützende gegen ein geplantes LNG-Terminal.
Versorgungssicherheit – seit dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine beschäftigen sich Fachleute aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft mit der Frage, wie man die hiesige Energieversorgung unabhängiger von russischem Gas machen könnte. In der Schweiz werden unter anderem Notkraftwerke gebaut und der Ausbau von erneuerbaren Energien wird forciert. Einen anderen Weg zur Versorgungssicherheit testet man in der Region Solothurn: den Einsatz von Flüssiggas.
Was ist Flüssiggas?
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Erdgas ist bei normalen Temperaturen gasförmig. Kühlt man es jedoch auf minus 162 Grad ab, wechselt es den Aggregatszustand von gasförmig zu flüssig. Dadurch reduziert sich das Volumen des Gases enorm. Flüssiggas braucht 600 Mal weniger Platz, die darin enthaltene Energiemenge bleibt jedoch gleich. Die Vorteile liegen auf der Hand: Durch die Verflüssigung ist die Energie in viel kompaktere Form gebracht und lässt sich einfacher über weite Distanzen transportieren via Schiff, Bahn oder Strasse. Ausserdem kann flüssiges Gas auch von Fördergebieten bezogen werden, die nicht mit Pipelines ans internationale Gas-Transportnetz angeschlossen sind, was auch die Abhängigkeit von den russischen Gasimporten vermindern würde.
Für die Einspeisung in ein bestehendes Gasnetz muss das extrem kalte Flüssiggas vor Ort wieder erwärmt werden, damit es wieder in den gasförmigen Zustand wechselt. Anschliessend kann es via normales Netz an Haushalte zum Heizen verteilt werden oder es kann zentral zur Wärme- oder Stromproduktion verwendet werden.
Verflüssigtes Erdgas ist auch unter dem Begriff LNG bekannt, der englischen Abkürzung für Liquified Natural Gas. Wichtige internationale Lieferanten von LNG sind die USA, Katar, Malaysia und Australien.
Die Regio Energie Solothurn, welche die Stadt Solothurn und rund zwei Dutzend umliegende Gemeinden mit Strom und Wärme beliefert, testet ab März, ob und wie sich Flüssiggas als Ersatz für herkömmliches Gas in ihr Netz integrieren lässt. Das flüssige Erdgas sei von grosser Bedeutung für eine sichere Gasversorgung, heisst es in einer Mitteilung
Mit dem Flüssiggas können wir bei Strom, Gas und Fernwärme die Versorgungssicherheit sicherstellen.
Marcel Rindlisbacher, Direktor der Regio Energie, sagt, dass sich der Einsatz von Flüssiggas in dreierlei Hinsicht lohnt. Das Gas könne direkt an Haushalte geliefert werden, es könne aber auch im Blockheizkraftwerk der Regio Energie für die Produktion von Fernwärme und Strom eingesetzt werden. «Mit dem Flüssiggas können wir bei Strom, Gas und Fernwärme die Versorgungssicherheit unterstützen.»
Am Freitag wurde die erste Ladung Flüssiggas aus Belgien in Zuchwil bei Solothurn angeliefert, 16,5 Tonnen, in einem speziellen Isoliercontainer. Das Gas hält sich darin selber kalt, eine externe Kühlung ist nicht nötig. Eine zweite Lieferung ist schon geplant, sodass die Regio Energie bald einen Vorrat von 33 Tonnen Flüssiggas auf ihrem Gelände lagern kann. Mit dieser Menge liessen sich 25 Einfamilienhäuser ein Jahr lang beheizen.
Die gute Lagerfähigkeit sei ein weiterer wichtiger Punkt, betont das Unternehmen. Wenn man das Flüssiggas vor Ort habe, sei man in einer Mangellage unabhängiger von Lieferanten oder Lieferketten.
Bei allen Vorteilen, welche die Regio Energie Solothurn anpreist, bleibt allerdings auch ein Nachteil: Gas, ob normal oder flüssig, ist ein fossiler Energieträger. Aus klimapolitischer Sicht ist ein Ausbau darum heikel und widerspricht der Klimapolitik des Bundes. Firmenchef Rindlisbacher relativiert diese Kritik. Mittelfristig werde man vor allem flüssiges Biogas einsetzen, zum Teil sogar aus lokaler Produktion. Damit würde man Fernwärme und Strom CO2-neutral produzieren.
In Basel gibt's Widerstand gegen ein Flüssiggas-Projekt
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Pläne für ein Container-Flüssiggas-Terminal gibt es auch in Baselland: Im Industriequartier Schweizerhalle bei Muttenz trägt sich der Gasverbund Mittelland (GVM) mit dem Gedanken eines Flüssiggas-Terminals am Rhein. Noch in diesem Jahr soll dazu ein Entscheid fallen, sagt der Verwaltungsratspräsident der GVM, André Dosé. «Das Terminal ist ausgelegt auf erneuerbare und synthetische Gase.» Allerdings scheint klar, dass das Terminal zumindest in den ersten Jahren nicht nur für erneuerbare, sondern für fossile Gase eingesetzt wird. Dosé redet bei den erneuerbaren Gasen jedenfalls von «mittelfristig» und präzisiert auf Nachfrage: «Bis 2030 ist der Anteil an erneuerbaren Gasen wohl schon gross, und den muss man dann laufend steigern.»
Ziel des geplanten Terminals sei unter anderem der Umstieg von fossilen zu erneuerbaren Gasen, sagt Dosé, was ganz im Sinne des Netto-Null-Ziels des Bundesrates sei. «Im Moment steht aber die Versorgungssicherheit im Vordergrund», so Dosé weiter.
Klimastreik Basel bläst zum Kampf gegen Flüssiggas-Terminal
Diese Gewichtung passt dem Klimastreik Basel nicht. Helma Pöppel von der Klimastreik-Bewegung kündigt denn auch Widerstand gegen das Flüssiggas-Projekt an. «Wir müssen die Energiewende jetzt einleiten, und zwar komplett», sagt sie.
Es gehe nicht an, dass man mit Projekten wie jenem in Muttenz den Umstieg auf erneuerbare Energie bremse. Dass das Terminal auf erneuerbare Gase ausgerichtet ist, beeindruckt sie nicht. «Der Anteil grüner Energien ist bei der GVM marginal.» Letzteres bestreitet auch Dosé nicht. Auf die Kritik der Klimaaktivistin reagiert er gelassen. Er habe Verständnis für die Klimabewegung und deren Anliegen, aber: «Wir wissen, was machbar ist und was nicht. Da muss man realistisch bleiben.»
In den nächsten Wochen will die Regio Energie Erfahrungen sammeln und allfällige Hindernisse für den Einsatz von Flüssiggas identifizieren. Falls sich die Technologie in der Praxis bewährt, so sei durchaus denkbar, dass man den Versuch weiter ausbaue.
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