Am Mittwoch entscheidet der Ständerat über die Erklärung gegen das Klima-Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, der Nationalrat stimmt übernächste Woche ab. Die Protestaktion ist vor allem im linken Lager umstritten.
Gegenüber Radio SRF äussert sich auch SP-Justizminister Beat Jans kritisch: «Es gibt eine ganz wichtige Trennung zwischen Gericht und Politik», sagte Jans vor wenigen Tagen ins SRF-Mikrofon. Die Gewaltentrennung sei ihm sehr wichtig, und die Schweiz habe sie immer sehr hochgehalten.
Anders sieht es SP-Daniel Jositsch – anders als seine Partei befürwortet der die Erklärung und gehört zu den Wortführern hinter der Erklärung. Nicht das Parlament verletze die Gewaltentrennung, sondern der Menschenrechts-Gerichtshof, sagt Jositsch in der SRF-Samstagsrundschau: «Seit Jahren hat der Gerichtshof die Menschenrechts-Konvention selbständig weiterentwickelt und damit die Rolle des Gesetzgebers übernommen.» Das Gericht habe seine Kompetenzen überschritten. «Uns geht es darum, das zu ändern». Der Bundesrat, so verlangt es die Erklärung, solle sich entsprechend einbringen beim Europarat.
Jans warnt vor problematischem Signal
Kritikerinnen und Kritiker befürchten, dass die Erklärung von Stände- und Nationalrat eine problematische Signalwirkung habe: Menschenrechtlich problematische Länder wie die Türkei oder Aserbaidschan, so die Befürchtung, könnten auf die Schweiz verweisen, die sich ja ebenfalls gegen den Menschenrechts-Gerichtshof stelle.
In eine ähnliche Richtung gehen die Bedenken von Bundesrat Jans: «Wir müssen aufpassen, dass wir nicht in die Schublade von Ländern kommen, die Entscheide nicht umsetzen», so der Justizminister. Und weiter: «Wir sollten nicht als schlechtes Beispiel vorangehen und nicht akzeptieren, was Gerichte sagen.»
Eine solche Signalwirkung befürchtet SP-Ständerat Daniel Jositsch hingegen nicht – im Gegenteil: Der Gerichtshof selbst gefährdet seiner Ansicht nach vielmehr die Sache der Menschenrechte: «Er schwächt mit dem Klima-Urteil und anderen umstrittenen Entscheiden die internationalen Gerichte und deren Akzeptanz.»
Streit um Interpretation der Erklärung
Gegner, aber auch Unterstützerinnen der Erklärung hatten den Text der geplanten Erklärung von Stände- und Nationalrat in den letzten Tagen als faktischen Aufruf an den Bundesrat interpretiert, er solle das Klima-Urteil schlicht ignorieren. Daniel Jositsch, der die Erklärung in der Rechtskommission des Ständerats mitformuliert hat, weist diese Sichtweise zurück: Der Bundesrat solle gegenüber dem Europarat festhalten, dass die Schweiz das Klima-Urteil bereits erfülle und darüber hinaus keinen Anlass sehe, dem Urteil weitere Folge zu geben. Diese Formulierung sei kein Aufruf, das Urteil einfach zu ignorieren.
Bis zum Entscheid am Mittwoch im Ständerat könne der offizielle Textvorschlag nicht mehr abgeändert werden, so Jositsch. Er sei aber offen für eine Diskussion, falls eine Ständerätin oder ein Ständerat eine noch unmissverständlichere Version vorschlage.