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Umweltpolitik Wenn grüne Themen plötzlich in den Kriegswirren verschwinden

Die Zeiten der grossen «Fridays for Future»-Proteste sind passé. Zudem hat die EU bekanntgegeben, dass sie bei den Abgasvorschriften zurückkrebst. Ist das Momentum der Klimapolitik vorbei?

Es ist ein rauer Wind, der dem Klimaschutz derzeit entgegenweht. So sagte Trump diese Woche, er habe den «lächerlichen grünen Betrug beendet». Er sei aus dem «unfairen» Pariser Klimaabkommen ausgestiegen. Während des Wahlkampfs in Deutschland hiess es von Rechtsaussen, von der AfD-Politikerin Alice Weidel: «Wir reissen alle Windkraftwerke nieder, nieder mit diesen Windmühlen der Schande!»

Windturbine vor blauem Himmel.
Legende: Windkraft und Umweltthemen im Allgemeinen haben es aktuell schwer. Reuters/Víctor Ruiz Caballero

Auch die EU, die stets Klimavorreiterin war, krebste diese Woche bei den Abgasvorschriften zurück: Sie gibt der Autoindustrie drei Jahre mehr Zeit zur Erfüllung der verschärften CO2-Grenzwerte. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sagte, es gebe ein klares Bedürfnis zu mehr Flexibilität bei den CO2-Zielen.

Grüne erleben schwierige Zeiten

Die neuen Prioritäten der Politik merken auch die Leute auf der Strasse, wie eine Umfrage zeigt.

Insbesondere die Partei der Grünen spürt, dass die Klimapolitik weniger Priorität hat. National und kantonal verliert sie seit zwei Jahren viele Sitze. Auch bei Abstimmungen steht es momentan schlecht für grüne Anliegen.

Anfang Februar wurde die Umwelt­ver­ant­wor­tungs­initiative massiv abgelehnt, im Herbst scheiterte die Biodiversitätsinitiative und in Kantonen wurden verschieden Umweltvorlagen abgelehnt, wie im Kanton Bern die Solarinitiative.

Über Umwelt- und Klimathemen rede man im Moment lieber nicht, da sie unbequem seien, sagt Grünen-Nationalrätin Aline Trede gegenüber SRF. Es brauche manchmal auch ein paar Sätze mehr, um grüne Anliegen zu erklären und ihre Langfristigkeit aufzuzeigen, so Trede.

Umweltthemen gerade nicht an vorderster Front

Man müsse dort politisieren, wo die Menschen etwas davon haben, sagt Mitte-Nationalrat Stefan Müller. Wenn die Sorgen und Ängste der Menschen aktuell nicht im Bereich Umwelt seien, dann müsse man dort nicht künstlich für weitere Aufregung sorgen.

Es sei wichtig, dass man aktuelle Themen wie Sicherheitspolitik oder einen gesunden Staatshaushalt an vorderster Front mitpräge, sagt FDP-Nationalrätin Susanne Vincenz-Stauffacher. Das heisse aber nicht, dass Energie- und Umweltpolitik vernachlässigt würden.

Man hat vergessen, die ökonomisch schwächer stehende Bevölkerung mitzunehmen.
Autor: Cornelia Meyer Ökonomin und Energie-Expertin

Die Umweltpolitik müsse auch soziale und wirtschaftliche Bedürfnisse berücksichtigen, sagt die Ökonomin und Energieexpertin Cornelia Meyer. Wenn zum Beispiel ein Rentner, der nicht so viel Geld hat, die Gasheizung herausreissen und durch eine Wärmepumpe ersetzen müsse – dann sei das schwierig für ihn. «Man hat vergessen, die ökonomisch schwächer stehende Bevölkerung mitzunehmen auf diesem Weg gegen Netto Null», so Meyer.

Dennoch müssten die Pariser Klimaziele nicht über Bord geworfen werden. Will heissen: Der Klimaschutz ist bei der Bevölkerung keineswegs verpönt. Wenn jedoch andere Sorgen dominieren, rutscht die Umwelt in der Prioritätenliste nach unten.

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10vor10, 5.3.2025, 21:50 Uhr ; 

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