Europa sucht derzeit intensiv nach Möglichkeiten, um unabhängiger von russischem Öl und Gas zu werden. So auch die Schweiz. Eine Lösung könnten sogenannte Power-to-Gas-Anlagen bieten. Sie verwandeln Strom zu Gas – auf ökologische Art und Weise.
Im zürcherischen Dietikon wurde am Freitag die erste solche Anlage in der Schweiz eingeweiht. Betrieben wird die 14 Millionen Franken teure Anlage von der Limeco, die im Limmattal eine Kläranlage, eine Kehrichtverwertungsanlage und ein Fernwärmenetz betreibt.
Strom kommt aus Kehrichtverbrennungsanalage
Die Power-to-Gas-Anlage nutzt erneuerbaren Strom aus der Kehrichtverwertungsanlage, um Wasserstoff zu produzieren. Dieser wird dann mit dem CO2 im Klärgas gemischt, wodurch erneuerbares Methangas entsteht. Aus Abfall und Abwasser gewinnt Limeco so einen erneuerbaren Energieträger. Pro Jahr kann die Anlage Energie für 2000 Haushalte produzieren.
Die Entwicklung der Anlage hat deutlich länger gedauert als zuerst geplant. Es sei wie eine Schwangerschaft, die mehr als sechs Jahre gedauert habe, sagt Limeco Geschäftsführer Patrik Feusi. «Jetzt haben wir das Kind endlich in unseren Händen. Ein sehr befriedigendes Gefühl.»
Auch für den Zürcher Baudirektor Martin Neukom ist die Inbetriebnahme der ersten Power-to-Gas-Anlage in der Schweiz ein grosser Fortschritt. «Diese Anlage ist ein weiteres Puzzle-Teil in der Bewältigung des Energieproblems.» Denn in Form von Gas lässt sich Energie viel besser speichern als Strom in einer Batterie.
Jetzt haben wir das Kind endlich in unseren Händen.
In der kalten Jahreszeit ist der Energiebedarf grösser als im Sommer. Mit der Power-to-Gas-Anlage kann Strom in Form von Gas im Sommer für den Winter gespeichert werden. Bereits heute importiert die Schweiz im Winter Strom aus dem angrenzenden Ausland. Und ab 2025 könnte es laut der Regulierungsbehörde Elcom in der kalten Jahreszeit zu Engpässen kommen.
Auch angesichts des Ukraine-Kriegs und der Abhängigkeit Europas von russischem Gas sind alternative Gasquellen heiss begehrt. «Es ist entscheidend, dass die Schweiz unabhängiger wird von ausländischem Erdgas», sagte Benoît Revaz, Direktor beim Bundesamt für Energie an der Einweihungsfeier am Freitag. Die Anlage zeige, dass die Produktion von erneuerbarem Gas hierzulande möglich sei.
Die Power-to-Gas-Methode könnte diesem Problem nämlich entgegenwirken. Doch so schnell dürfte das Konzept wohl nicht flächendeckend von anderen Müllverbrennungsanlagen kopiert werden. Die Technologie müsse jetzt noch weiterentwickelt und günstiger werden, sagt Patrik Feusi von Limeco.