Wie wird dieser Lieferstopp begründet? Offiziell damit, dass Polen sich weigert, für das russische Gas in Rubel zu bezahlen. Der tieferliegende Grund dürfte aber sein, dass Polen besonders harsch reagiert auf Russlands Krieg im Nachbarland Ukraine: Polen ist dafür, alle möglichen Waffen an die Ukraine zu liefern und russische Energie zu boykottieren, und Polen ist auch Drehscheibe für Waffenlieferungen. Und im Kleineren: Polen hat die Konten der russischen Botschaft in Warschau gesperrt, der russische Botschafter sagt, ohne Geld müsse er den Botschaftsbetrieb bald einstellen.
Wie wirkt sich das auf die Energieversorgung aus? Die Auswirkungen sind klein. Polen hat das gemacht, was andere Länder wie Deutschland nun bereuen, nicht gemacht zu haben. Es hat sich schon lange nach Gas ausserhalb von Russland umgesehen. Im Moment sind Polens Gasspeicher relativ voll. Ab Mai wird Gas aus Litauen fliessen, ab Herbst aus Norwegen, und danach gibt es an der Ostsee ein Flüssiggasterminal, der Polen versorgen kann. Es ist übrigens der siebte russische Lieferstopp in den letzten 20 Jahren. Unter anderem hat Russland Polen bereits einmal dafür bestraft, dass es die Gasverträge mit Russland nicht verlängert hat.
Wie verkraftet das Bulgarien? Dort sieht die Lage etwas anders aus. Bulgarien ist traditionell russlandfreundlich, das Land ist abhängig von russischem Gas, und bulgarische Regierungen haben bisher wenig dagegen unternommen. Aber die Spitze der jetzigen bulgarischen Regierung ist westlich orientiert.
Der Regierungschef sagt, man habe sich seit Monaten vorbereitet und Alternativen gefunden – in Aserbaidschan und Griechenland, es gebe keinen Grund zur Panik. Allerdings wird das Gas in Bulgarien in nächster Zeit wohl teurer. Und der Druck steigt: Der Lieferstopp beginnt nämlich genau an dem Tag, an dem der bulgarische Regierungschef in die Ukraine reist. Danach will die bulgarische Regierung entscheiden, ob sie Waffen liefert. Es sieht also so aus, als ob Russland seinem traditionellen Freund mit dem Lieferstopp sagt: «Geh nicht zu weit in Richtung Westen!»