- Im August vor einem Jahr war ein Zugbegleiter der SBB von einer Wagentüre eingeklemmt und zu Tode geschleift worden.
- Grund war ein defekter Einklemmschutz eines bestimmten Wagentyps.
- Die SBB ergriff daraufhin Massnahmen, um solche Unfälle zu verhindern.
- Laut dem Konsumentenmagazin K-Tipp ist es seither trotzdem zu 36 weiteren Zwischenfällen mit klemmenden Zugtüren gekommen.
36 Fälle sind in der Unfalldatenbank des Bundesamtes für Verkehr (BAV) registriert, alle sind nach dem tödlichen Unfall vom August 2019 passiert. Die betroffenen Personen seien wegen Prellungen, Schürfungen und Folgen von Stürzen zum Arzt gegangen, weil sie von Zugtüren eingeklemmt worden seien. Das hat das Konsumentenmagazin K-Tipp recherchiert.
36 Fälle seien viel, räumt Reto Schärli von der SBB-Medienstelle ein: «Das ist eine beträchtliche Zahl. Grundsätzlich ist jeder Fall, bei dem eine Person verletzt wird, einer zu viel.» Aber in vielen Fällen könne man nicht genau sagen, ob wirklich ein technischer Defekt für den Zwischenfall verantwortlich sei. «Wir haben 20 dieser Fälle verspätet und mit unpräzisen Angaben gemeldet bekommen und konnten ihnen nicht im Detail nachgehen.»
Nicht mehr Verletzte als in Vorjahren
Man vertraue aber den Kunden und melde die Fälle der Datenbank der Aufsichtsbehörde über die SBB, dem BAV, relativiert Schärli. Michael Müller, Medienverantwortlicher beim BAV, spricht von 36 Vor-, nicht Unfällen: «Die Zahl der Unfälle ist in den letzten drei Jahren weitgehend gleichgeblieben, es gibt nicht mehr Verletzte oder mehr leicht Verletzte als in Jahren vorher.»
Der gravierendste Fall seit dem Unglück vor einem Jahr ereignetet sich im vergangenen März: Ein Mann versuchte im Bahnhof Bern eine Türe aufzuhalten, die im Begriff war, sich zu schliessen. Die Hand des Mannes wurde eingeklemmt, der Zug fuhr los. Der Mann musste 45 Meter neben dem Zug herrennen, erst dann konnte er seine Hand aus der Türe ziehen.
Zu harte Gummiprofile verbaut
Die SBB hat den Fall damals selber mitgeteilt. Schärli sagt, der Einklemmschutz habe nicht gemäss Vorgaben funktioniert. Es habe sich gezeigt, dass bei den Türen zu harte Gummiprofile eingebaut waren. «Dieses Problem ist erkannt, es werden künftig wieder weichere Gummiprofile eingebaut, das sollte so nicht wieder vorkommen.»
Probleme mit Türen gibt es vor bei den einstöckigen älteren Waggons des Typs EW 4. Bei einem Teil der Türen wurde inzwischen ein besserer Einklemmschutz eingebaut. Die SBB hat bis 2023 Zeit, die Arbeiten zu beenden. Eine lange Zeitspanne, die die Aufsichtsbehörde erlaubt hat.
Michael Müller vom BAV sagt: «Das ist für uns ebenfalls zu lange, wir haben das der SBB auch so mitgeteilt. Aber wir können nicht anderes machen als sagen, macht so schnell es geht. Zaubern können wir ja auch nicht.»
So bleibt es also bei 2023. Einen 100-prozentigen Schutz vor Unfällen gebe es nie, sagt Schärli von der SBB. Er rät, man solle Zugtüren, die sich schliessen, nie mit Händen oder Füssen stoppen. In so einem Fall ist es wahrscheinlich besser, auf den nächsten Zug zu warten.