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Unruhe um die Junge SVP Kein Kommentar von der SVP-Spitze zur Jungpartei

Nähe zu Rechtsextremen und Identitären? In der SVP werden Stimmen laut, man müsse die Jungpartei an die Hand nehmen.

Die Parteispitze der Jungen SVP steht aktuell ziemlich unter Druck. Am Mittwoch verschickten mehrere Kantonalsektionen der Partei eine Medienmitteilung mit der Forderung, dass sich die Parteileitung der Jungen SVP (JSVP) jetzt unmissverständlich von rechtsextremen Gruppierungen distanzieren soll.

Dies nachdem am Wochenende der «Sonntagsblick» publik machte, dass sich die Strategiechefin der Partei mit Mitgliedern der «Jungen Tat» und der «Identitären Bewegung» getroffen haben soll. Diese Gruppierungen stehen unter der Beobachtung des Nachrichtendienstes.

Kein Kommentar von der Parteileitung

Zu alledem will sich die SVP-Mutterpartei weiterhin nicht äussern. Die JSVP sei eine eigenständige Partei und müsse solche Vorfälle selbst klären, sagte SVP-Präsident Marcel Dettling. «Kein Kommentar» heisst es auch von SVP-Fraktionspräsident Thomas Aeschi auf die Frage, ob sich die Mutterpartei die Jungen jetzt nicht zur Brust nehmen sollte.

Die SVP wird sich nicht einmischen.
Autor: Sandra Sollberger Mitglied des SVP-Parteileitungsausschusses

Und Sandra Sollberger, Mitglied des Partei­leitungs­ausschus­ses, sagt: «Die Junge SVP ist eine absolut eigenständige Partei. Deshalb wird sich die SVP nicht einmischen.»

Jetzt reden JSVP-Präsident Fiechter und Strategiechefin Regez

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Fiechter und Regez
Legende: Imago/Andreas Haas

Sowohl Sarah Regez als auch Nils Fiechter haben sich inzwischen zur Kritik an ihnen geäussert. Regez tat dies in einem Videostatement auf der Plattform Tiktok. Dort sagt sie, sie finde, man müsse sich mit allen Personen treffen und sich mit allen Meinungen auseinandersetzen können.

Für sie gehe es eher um die Frage: «Wollen wir in der Schweiz weiterhin einen demokratischen Diskurs zulassen oder nicht?»

Fiechter seinerseits sagte gegenüber SRF: «Wir diskutieren mit allen Leuten über alle Themen – ohne Scheuklappen.» Es wäre verfehlt, wenn man sich als Partei pauschal von gewissen Positionen distanzieren würde. Einen Rücktritt Regez' lehnt er ab.

Ob diese Aussagen von Fiechter die kritischen Kantonalsektionen der JSVP besänftigen, ist fraglich. Deren Forderung, dass sich die Parteileitung nun endlich klar von rechtsextremen Gruppierungen distanzieren soll, steht nach wie vor im Raum. Ebenso wie die Forderung, dass Regez ihre Ämter bis auf weiteres ruhen lassen soll.

Ursprung des Konflikts ist die Diskussion darüber, ob die JSVP sich öffentlich zum Konzept der «Remigration» des Rechtsextremen Martin Sellner bekennen soll. JSVP-Präsident Fiechter distanziert sich auf Nachfrage von SRF nicht von dem Begriff. Er gibt einzig an, nichts von der Idee zu halten, Leute mit legalem Aufenthaltsstatus in ihre Herkunftsländer zurückzuschicken.

Im Jahr 2019 wurde Fiechter wegen Rassendiskriminierung verurteilt. 2022 hat das Bundesgericht eine Beschwerde gegen das Urteil abgelehnt, das Urteil wurde damit rechtskräftig.

Doch: Kann die grösste Partei des Landes das Problem, dass ihre Jungpartei derzeit Mühe zu haben scheint, sich von rechtsextremen Gruppierungen abzugrenzen, einfach so abschieben, mit Verweis auf die Eigenständigkeit der JSVP?

Forderung nach Aufarbeitung

Mehrere SVP-Mitglieder finden, das gehe nicht. Zu ihnen gehört der Berner Nationalrat Hans Jörg Rüegsegger. Aus seiner Sicht wäre es angebracht, dass die Mutterpartei erfahre, was genau geschehen sei.

Wir sollten Nils Fiechter an die Hand nehmen – in gewissen Situationen.
Autor: Hans Jörg Rüegsegger Nationalrat SVP/BE

«Es ist heikel, wenn man die Leute in diese Richtung machen lässt – auch wenn es junge Leute sind.» Rüegsegger befürchtet, am Ende könnte die SVP Schaden nehmen.

Die Berner Kantonalpartei ihrerseits müsse jetzt das Gespräch mit Nils Fiechter suchen, sagt Rüegsegger. Der Präsident der JSVP sitzt im Parlament des Kantons Bern. Fiechter müsse dort als SVP-Politiker anders auftreten. «Wir sollten ihn an die Hand nehmen – in gewissen Situationen», so Rüegsegger.

Ähnlich sieht das der Baselbieter SVP-Nationalrat Thomas de Courten. Aus seinem Heimatkanton stammt die Strategiechefin der JSVP, Sarah Regez. Sie ist es, die an einem Treffen mit Mitgliedern der rechtsextremen Jungen Tat und der Identitären Bewegung teilgenommen haben soll.

Regez und Fiechter sind auch SVP-Mitglieder

Es sei nicht korrekt, so zu tun, als ob Regez und Fiechter nichts mit der Mutterpartei zu tun hätten, betont de Courten. Man müsse mit den Beteiligten reden, die Sachverhalte klären und «die Konsequenzen abhandeln». Schliesslich seien sie alle auch Mitglieder der SVP.

Die SVP-Parteileitung sollte ihre Verantwortung wahrnehmen.
Autor: Thomas de Courten Nationalrat SVP/BL

Dass die Parteispitze der SVP in dieser Sache lieber schweigt, als sich zu äussern, bedauert de Courten. «Die Parteileitung sollte ihre Verantwortung wahrnehmen.» Schliesslich sei sie für die Integrität der SVP verantwortlich.

Falsche Jahreszahl

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In einer ersten Version dieses Artikels hiess es, JSVP-Präsident Nils Fiechter sei 2023 rechtskräftig wegen Rassendiskriminierung verurteilt worden. Die Jahreszahl ist falsch. Korrekt ist: Die Verurteilung fand 2019 statt, das Bundesgericht hat 2022 eine Beschwerde gegen das Urteil abgelehnt , damit wurde das Urteil rechtskräftig.

Echo der Zeit, 3.4.2024, 18:00 Uhr;kesm

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