Der Ständerat hat der Unternehmenssteuerreform III in der Gesamtabstimmung mit 31 zu 9 Stimmen zugestimmt. Das Geschäft ist eines der wichtigsten in der neuen Legislatur und in der Amtszeit von Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf.
Die Reform hat eine dreifach delikate Aufgabe: Wenn der Bund neue Steuersparvehikel wie etwa Patentboxen zulässt, müssen diese erstens international akzeptiert, zweitens attraktiv für Firmen sein, und drittens bei Bund und Kantonen nicht zu viel Steuerausfälle verursachen.
«Es ist also nicht nur eine Quadratur des Kreises, sondern eine Kubatur der Kugel, wenn wir diese drei Ziele erreichen wollen», sagte Roberto Zanetti (SP/SO), Präsident der Wirtschaftskommission. Die Schweiz müsse ihre Steuerprivilegien aufgrund des internationalen Drucks aufgeben. Denn ohne Anpassungen drohten Gegenmassnahmen und schwarze Listen, mahnte er.
Firmen könnten der Schweiz den Rücken kehren
Ebenso wenig wie schwarze Listen kann es sich die Schweiz leisten, dass Firmen die Schweiz scharenweise verlassen: Steuerlich bevorzugte Holding- und Verwaltungsgesellschaften tragen rund die Hälfte zu den Unternehmenssteuern bei, die der Bund einnimmt. Bei den Kantonen sind es durchschnittlich gut 20 Prozent.
Senkung des Steuersatzes als Ersatz für Privilegien
Im Rahmen der Reform soll den Kantonen Spielraum für Steuersenkungen verschafft werden. Der Bundesrat schlug vor, ihren Anteil an der direkten Bundessteuer von 17 Prozent auf 20,5 Prozent anzuheben. Auf Antrag seiner Wirtschaftskommission beschloss der Ständerat jedoch, den Kantonen 21,2 Prozent zukommen zu lassen. Das verschaffe der Vorlage «bessere Startbedingungen in einer Referendumsabstimmung», sagte Zanetti.
Finanziert werden soll dieser höhere Anteil durch die Beibehaltung der Emissionsabgabe auf Eigenkapital, die der Bundesrat eigentlich abschaffen wollte. Auch eine bürgerliche Kommissionsminderheit machte sich für deren Abschaffung stark: Die Emissionsabgabe behindere Investitionen, lautete die Kritik. Sie fand aber mit 26 zu 19 Stimmen kein Gehör.
Ständerat für Limite beim Abzug von Forschungskosten ...
Unternehmen sollen Aufwendungen für Forschung und Entwicklung zu mehr als 100 Prozent der effektiven Aufwendungen von den Steuern abziehen dürfen, sieht der Reformvorschlag vor. Auf Antrag seiner Kommission beschloss der Ständerat, den Abzug auf 150 Prozent zu begrenzen. Machen die Kantone von dieser Möglichkeit der Steuerbegünstigung Gebrauch, liefe dies auf eine Art Subvention heraus.
... und gegen eine einheitliche Dividendenbesteuerung
Zu reden gab auch der Vorschlag des Bundesrats, die Teilbesteuerung von Dividenden auf 70 Prozent zu vereinheitlichen. Die meisten Kantone erheben heute nur auf 50 Prozent Steuern. Die Erhöhung sollte dem Bund 100 Millionen Franken Mehreinnahmen bringen, den Kantonen rund 330 Millionen Franken.
Eine linke Minderheit machte sich sogar für die Vollbesteuerung stark, um Steuerausfälle gegenfinanzieren zu können. Die bürgerliche Mehrheit beschloss jedoch, beim heutigen Regime zu bleiben, das den Kantonen viel Spielraum lässt.
Die Kantonsparlamente bestimmten den Gewinnsteuersatz, deshalb sollten sie auch über die Teilbesteuerung bestimmen können, sagte Martin Schmid (FDP/GR). Er befürchtete, mit der Vereinheitlichung die KMU gegen die Vorlage aufzubringen. SP-Präsident Christian Levrat (FR) erinnerte vergeblich daran, dass KMU von der flächendeckenden Senkung der Gewinnsteuer profitierten.
Drohender Widerstand im Falle eines Referendums
Mehrere Räte warnten davor, das Fuder zu überladen. Die Gegner würden bei einem Referendum argumentieren, es handle sich um Steuergeschenke für Unternehmen. «Dann haben wir verloren», sagte Konrad Graber (CVP/ZG).
Der Bund gerate in Erklärungsnotstand, wenn er der Bevölkerung künftige Sparmassnahmen schmackhaft machen wolle, warnte auch Anita Fetz (SP/BS). «Wie wollen Sie das den Leuten erklären, nur damit internationale Unternehmen weniger Steuern bezahlen müssen? Ich glaube nicht, dass das vermittelbar ist.»
Es sei wichtig, eine kluge Gegenfinanzierung aufzugleisen. «Oder diese Reform wird ein Rohrkrepierer», so die Baslerin weiter. Karin Keller-Sutter (FDP/SG) entgegnete, mehr Mut sei jetzt gefragt: «Wir sprechen immer über die Steuerausfälle. Diese sind ernstzunehmen. Aber es gibt auch eine dynamische Betrachtung.» So zögen neue, attraktive Steuermodelle auch neue Firmen an.
Nachteil für Unternehmen ohne Forschung und Patente
Kantonen wie Zug oder Waadt drohten Nachteile, gab Hannes Germann (SVP/SH) zu bedenken. Dies weil sie vor allem Handelsunternehmen beherbergten, die – anders als etwa die Pharmaindustrie in Basel – nicht von der Patentbox profitierten. Der Ständerat beschloss schliesslich diskussionslos, dass Kantone beim der Kapitalsteuer auf Patente und Beteiligungen Erleichterungen gewähren können.
In der Version des Bundesrats hätte die Reform den Bund 1,3 Milliarden Franken gekostet. Die Beschlüsse des Ständerats kosten unter dem Strich rund 25 Millionen Franken mehr. Die Vorlage geht nun an den Nationalrat. Auch das Stimmvolk wird am Ende wohl darüber befinden. Die SP hat schon mit dem Referendum gedroht.