Die Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft analysiert Unwetter und informiert über potenzielle Gefahrenzonen. Das Schlimmste konnte an den letzten Wochenenden nicht verhindert werden: Es starben Menschen, die Schäden sind immens. Christoph Hegg, interimistischer Leiter der WSL, umschreibt die Möglichkeiten und Grenzen bei der Vorbereitung auf solche Naturereignisse.
SRF News: Können Sie aufgrund Ihrer Modellrechnungen Empfehlungen abgeben, welche Gebiete gesperrt werden sollten und welche nicht?
Christoph Hegg: Nein, aus der Ferne ist das schwierig. Wir erkennen anhand unserer Berechnungen, welche Grossräume beobachtet werden müssen und informieren die jeweiligen Kantone. Nach unserer Warnung sind sie am Zug. Die Kantone müssen beobachten, wie sich die Lage im betroffenen Gebiet entwickelt, und sie müssen abschätzen, wie gross das Schadenpotenzial ist. Es macht einen Unterschied, ob in diesem Gebiet ein Open-Air-Konzert mit Zehntausenden von Menschen stattfindet oder ein Fussballspiel in einem Stadion. Das bedeutet, dass die Kantone auf die gleiche Warnung unterschiedlich reagieren müssen. Deshalb ist es wichtig, dass jeder auf seiner Ebene Verantwortung übernimmt.
Offenbar dämpfte der Saharastaub die Erwärmung im Mittelland, sodass es dort weniger starke Gewitter gab als am Wochenende zuvor.
Es zeigte sich, dass vor allem im Alpenraum und weniger im Flachland starke Unwetter auftraten. War das nicht vorhersehbar?
Nach meinem heutigen Wissensstand: nein. Offenbar hat der Saharastaub die Erwärmung im Mittelland gedämpft, sodass es weniger starke Gewitter gab als am Wochenende zuvor. Das sind Zufälle, die man nicht vorhersehen kann.
Verschiedene Gemeindepräsidenten sagen nach der Zerstörung ihrer Dörfer, dass sie nicht wissen, wie sie den Menschen eine Zukunft geben sollen.
Ich kann diese Verzweiflung verstehen, wenn man das Ausmass der Schäden sieht. Aus der Erfahrung der Unwetter der letzten Jahre bin ich aber zuversichtlich, dass es in einer gemeinsamen Anstrengung von Gemeinde, Kanton und Bund gelingen wird, den Betroffenen wieder eine Perspektive zu geben.
Ein Hochwasserschutzprojekt an der Rhone wurde vom Kanton Wallis aus Kostengründen gestoppt. Wird es nicht teurer, wenn man nicht in die Vorsorge investiert?
Es kommt darauf an, wie die einzelnen Schutzgüter bewertet werden. Wie bewertet man die landwirtschaftliche Nutzfläche oder die Siedlungsfläche, die man durch die Ausweitung des Flussbettes verlieren würde?
Wir müssen uns aber auch darüber im Klaren sein, dass es keine absolute Sicherheit gibt.
Man muss aushandeln, welche Risiken man eingehen will und was der Schutz kosten soll. Wir müssen uns aber auch darüber im Klaren sein, dass es keine absolute Sicherheit gibt.
Kurzfristig ist die Gefahr noch nicht gebannt. Welche Präventionsmassnahmen können getroffen werden?
Die Frage ist: Was kann passieren und was ist zu tun? Das gilt für Gemeinden und Privatpersonen. Privatpersonen sind im Haus am sichersten. Liegt das Haus in einem durch Hochwasser oder Rutschungen gefährdeten Gebiet, sollte man sich an einen sicheren Ort begeben. Ist es zu spät und Wasser oder Material sind ums Haus herum schon in Bewegung, sollte man das Haus nicht mehr verlassen und ein höheres Stockwerk aufsuchen, da dort die Überlebenschancen am grössten sind.
Aus dem Tagesgespräch mit Karoline Arn, Mitarbeit Géraldine Jäggi.