In Isenthal sterben mehr Menschen, als neu geboren werden. Die Bevölkerung der Urner Gemeinde hat in den letzten zehn Jahren um fast 10 Prozent abgenommen. Anderen Berggemeinden im Kanton geht es ähnlich: Gurtnellen, Wassen und Silenen – alle verlieren Einwohnerinnen und Einwohner. Mit der schrumpfenden Bevölkerung drohen die Dörfer zunehmend auch ihren Laden, die Poststelle oder die Bankfiliale zu verlieren. Die Grundversorgung ist in Gefahr.
Konkrete Ideen trotz vagem Strategiepapier
Uri will diese Entwicklung abfedern und setzt seine Hoffnungen in die Digitalisierung. Der Kanton hat ein Projekt ins Leben gerufen, um die Grundversorgung mit digitalen Lösungen zu retten. Die Frage, wie dies aussehen könnte, wurde an Diskussionsabenden und Workshops diskutiert. Teilgenommen haben Vertreterinnen und Vertreter aus Politik, Wirtschaft und der Bevölkerung.
Nun konnten die Ergebnisse präsentiert werden. Wobei das erste Strategiepapier noch eher vage gehalten ist: Es brauche hybride Lösungen, Förderung von Innovation, eine mobile Gesundheitsversorgung und ein vernetztes Angebot, steht da etwa. Konkrete Ideen haben die Verantwortlichen trotzdem.
Ein Dorfladen ohne Personal?
Zum Beispiel liesse sich der Dorfladen digitalisieren, sagt Projektleiter Markus Frösch. «Am Nachmittag könnte man beispielsweise mit einer App im Laden einkaufen. Dann braucht es nur noch morgens Personal.» So könnten die Öffnungszeiten verlängert werden, was den Laden und das Dorf wiederum attraktiver mache.
Eine Idee, die auch in der Gemeinde Isenthal aufhorchen lässt. Da ist der Dorfladen als Genossenschaft organisiert. Dem Paar, das ihn führt, wird ein Lohn ausbezahlt. Doch: Je stärker die Bevölkerung schrumpft, desto weniger Leute gehen einkaufen und desto kleiner ist der Umsatz.
Wenn ich rund um die Uhr online einkaufen kann, weshalb soll ich mich für den Gang aufs Amt an die Bürozeiten halten müssen?
«Wir müssen schauen, wie viel Lohn wir mit diesem Umsatz überhaupt noch bezahlen können», sagt Josef Schuler, Gemeinderat in Isenthal. Bei einer digitalisierten Lösung würde das Ladenpaar weniger arbeiten, womit man auch Lohnkosten sparen könnte. «Eine mögliche Rettung für den Dorfladen.» Der komplett digitalisierte Dorfladen ohne Personal sei aber nicht das Ziel, fügt Projektleiter Markus Frösch an. «Der Mensch muss im Zentrum bleiben, der Laden soll ein Begegnungsort bleiben. Ich muss mich an diesem Ort mit Leuten treffen können.»
Es folgt der runde Tisch
Ein weiterer grosser Sprung bei der Digitalisierung wäre bei den Behörden möglich, findet Frösch. «Wir müssen uns selbst hinterfragen, wie wir unsere Dienstleistungen verbessern können.» Dabei solle sich der Kanton an den Unternehmen messen. «Wenn ich rund um die Uhr online einkaufen kann, weshalb soll ich mich für den Gang aufs Amt an die Bürozeiten halten müssen?»
Der Kanton ist auch gefragt, wenn es um die Umsetzung des Strategiepapiers und der gesammelten Ideen geht. «Die Erkenntnisse werden wir an einem runden Tisch besprechen und vertiefen», sagt Markus Frösch. Mit den betroffenen Unternehmen wolle man dann nach Lösungen suchen und diese realisieren.
Am definitiven Ergebnis wird auch der Bund Interesse haben. Dieser unterstützt das Projekt finanziell und erhofft sich Patentlösungen für andere betroffene Regionen in der Schweiz. Die Urner Berggemeinden sind schliesslich nicht die einzigen, die mit schrumpfender Bevölkerung und erodierender Grundversorgung zu kämpfen haben.