- Das Volk soll über den Kauf neuer Kampfflugzeuge abstimmen können, nicht aber über die Flugabwehrraketen.
- Das empfiehlt Ex-Astronaut und Militärpilot Claude Nicollier Verteidigungsministerin Viola Amherd.
- Amherd scheint einem Kurswechsel nicht abgeneigt.
Der Bundesrat dagegen möchte Kampfjets und Raketen in eine Vorlage packen und dem fakultativen Referendum unterstellen. In der Vernehmlassung ist das schlecht angekommen. CVP und FDP lehnen die Verknüpfung ab.
Nun bekommen die Kritiker Rückendeckung vom Aviatik-Experten und heutigen ETH-Professor Nicollier. Er analysierte in Amherds Auftrag den Expertenbericht «Luftverteidigung der Zukunft». Dieser war von Amherds Amtsvorgänger Guy Parmelin in Auftrag gegeben worden und bildet die Grundlage für die Beschaffungspläne des Bundesrats.
Planungsbeschluss nur für Kampfflugzeug
Nicollier lobt die Qualität des Expertenberichts und empfiehlt, die weiteren Beschaffungsarbeiten darauf abzustützen. Nicht einverstanden ist er hingegen mit dem Entscheid des Bundesrats, Kampfflugzeug und Flugabwehrraketen in einer einzigen Vorlage unterzubringen. Nicollier empfiehlt einen Planungsbeschluss, der nur das Kampfflugzeug betrifft.
Vor den Bundeshausmedien hielt sich die Verteidigungsministerin zwar an die Gepflogenheiten und verriet nicht, welchen Antrag sie dem Bundesrat stellen will. Dass sie über einen Kurswechsel nachdenkt, verhehlte sie aber nicht: «Ich werde dem Bundesrat eine Lösung vorschlagen, die den Empfehlungen so weit wie möglich entgegenkommt», sagte sie.
Den Grundsatzentscheid des Bundesrats, den Kampfjet-Kauf dem Volk vorzulegen, unterstützt Nicollier. Die Herausforderung sei aber gross, schreibt er. Eine Kampfjet-Beschaffung könne die direkte Demokratie an ihre Grenzen bringen.
Amherd hat an der Medienkonferenz zwei weitere Experten mit Zusatzberichten dabei. In Amherds Auftrag hat der ehemalige Direktor der Eidgenössischen Finanzkontrolle, Kurt Grüter, als externer Experte die Kompensationsgeschäfte (Offsets) unter die Lupe genommen. In seinem Bericht warnt er den Bundesrat vor zu grossen Erwartungen.
Zu hohe Erwartungen
Die angestrebte hundertprozentige Kompensation in Form von Gegengeschäften sei angesichts der Grössenordnung von 6 bis 7 Milliarden Franken kaum realisierbar. Ins Auge gefasst werden sollen aus Grüters Sicht direkte Offsets in der Grössenordnung von 20 Prozent und auf die sicherheitsrelevante Technologie- und Industriebasis ausgerichtete indirekte Offsets von zusätzlichen 40 Prozent.
Auf weitere Offsetgeschäfte soll der Bund laut Grüter ganz verzichten, weil solche gegen das Prinzip des freien Aussenhandels verstiessen. «Ohne inhaltliche Vorgaben droht eine Subventionierung der Industrie mit der Giesskanne.» Der Fokus solle deshalb auf Geschäften liegen, «die für die Sicherheit und Verteidigung der Schweiz unerlässlich sind».
Kampf im Informationsraum
Ein dritter Bericht ist im VBS selber entstanden. Sicherheitspolitik-Chefin Pälvi Pulli untersuchte darin die aktuelle Bedrohungslage. Gestützt darauf kommt sie zum Schluss, dass die Schweiz wegen zunehmender Bedrohungen nach wie vor neue Kampfflugzeuge und Luftabwehrraketen braucht, um ihren Luftraum zu schützen und zu verteidigen.
Der «Bericht zur Bedrohungslage und den Konsequenzen für den Schutz des Luftraums» warnt in deutlichen Worten auch vor sogenannten «Beeinflussungsoperationen». Damit sind Versuche verschiedener Akteure gemeint, die öffentliche Meinung zu beeinflussen und die politische Debatte zu destabilisieren.
Bundesrätin Amherd bereitet sich deshalb auch auf einen Kampf um die Hoheit im Informationsraum vor: «Es geht um viel Geld. Da gibt es vielfältige Interessen, die öffentliche Meinung zu beeinflussen. Das ist heute mit den Sozialen Medien noch viel schwieriger zu beurteilen als mit den klassischen Medien.»
Als nächstes wird Amherd dem Bundesrat eine Botschaft unterbreiten. Derweil werden in Payerne bereits fünf Kampfjet-Kandidaten getestet. Nach heutiger Planung sollen die ersten Jets 2025 an die Schweiz ausgeliefert werden.