Ob Du Théâtre, Propeller oder Bonsoir: In der Stadt Bern sind in den letzten Jahren mehrere traditionsreiche Diskotheken verschwunden. Stattdessen boomen Pop-Up-Lokale und Bars.
Die Gründe sind vielschichtig: Neben der Teuerung, Pandemie-Nachwehen und einem veränderten Freizeitverhalten kämpfen die etablierten Clubs mit dem Zeitgeist.
«Der Trend zeigt, dass die Leute lieber in Bars statt Clubs gehen. Vielleicht liegt das auch am veränderten Dating-Verhalten», sagt Corina Liebi, Geschäftsführerin der Berner Bar- und Clubkommission Buck.
Lieber mit dem Date quatschen statt tanzen
Statt sich auf der Tanzfläche auszutoben und neue Bekanntschaften zu schliessen, gehen die Nachtschwärmerinnen und Nachtschwärmer lieber mit ihrem Online-Date etwas trinken und plaudern.
Dies spürt etwa die Piazza Bar in Bern. Mitinhaber Michele Graniello: «Die Leute sitzen lieber in der Bar, anstatt sich im Club anschreien zu müssen.» Nichtsdestotrotz treten in der Bar Acts wie Ferris MC auf – aber nur an ausgewählten Daten.
Gerade in den kühleren Monaten wollten die Gäste länger bleiben. Deshalb will er seine Bar künftig länger offen halten statt bis 00:30 Uhr bis 03:00 Uhr. Im jüngst publizierten Baugesuch beantragt er zudem, im Hirschengraben-Park einen Bar-Container und Aussenbestuhlung aufzustellen.
Leute sitzen lieber in der Bar, anstatt sich im Club anschreien zu müssen.
Immer auf der Suche nach neuen Partyideen ist auch Dominic Kummer von Mosaik. Die Eventfirma betreibt in Bern verschiedene Pop-up-Bars wie Peter Flamingo, Kater Karlo oder Sir Edward Rabe.
Für die beiden letztgenannten beantrage das Unternehmen jetzt eine normale Bewilligung und nicht mehr eine dreimonatige Pop-up-Genehmigung, wie es früher der Fall gewesen sei. Man plane von Jahr zu Jahr.
So oder so sei aber klar: «Ob Deko, Musik oder Drinks: Die Leute wollen Abwechslung. Man kann nicht mehr einfach die Clubtür aufmachen und den Resident-DJ auflegen lassen. Man muss immer am Ball bleiben, denn die Leute suchen sich ihre Events sehr gezielt aus und sind extrem mobil», erklärt er.
Berner fahren nach Zürich in den Ausgang
Weniger Clubs bedeutet weniger Anziehungskraft für das ganze Berner Nachtleben. «Die Clubszene verliert jedes Wochenende viele Leute, die mit dem Zug nach Zürich oder Lausanne fahren, um dort zu feiern», sagt Kummer.
Dieser Trend könnte sich noch verstärken: Denn die SBB testet ab kommendem Winter versuchsweise neue Nacht-Intercity-Verbindungen zwischen Zürich und Bern. An acht Wochenenden fahren Züge um 2:02 und 3:02 Uhr von Zürich nach Bern. Berner Nachteulen können so in Zürich in den Ausgang, ohne auf den ersten Zug warten zu müssen.
Bern braucht wieder viel mehr Clubs. Nur so kann die Stadt wieder Leute aus Biel, Murten oder Thun anlocken.
Aber auch die Stadtzürcher Clubs sind in Bedrängnis: Gab es 2011 noch 50 Diskotheken, waren es 2020 lediglich 31. Das zeigt laut NZZ eine Statistik der Stadt Zürich. Auch in Luzern und anderen Städten mussten Clubs dichtmachen.
Die Aussichten für die Berner Clubszene sind also nicht gerade rosig. Kummer fordert deshalb, dass sich auch die Stadt oder gar der Kanton für ein besseres Nachtleben in der Stadt Bern einsetzt. «Bern braucht wieder viel mehr Clubs. Nur so wird die Stadt wieder wie früher zur Partystadt für Leute aus Biel, Murten oder Thun».
In Clubs tanzen zu gehen, das ist womöglich schon etwas vorbei.
Denn die jungen Leute zieht es weiterhin auf die Gasse, ist Corina Liebi überzeugt. «Ich habe nicht das Gefühl, dass die Jungen nicht in den Ausgang wollen. Die Prioritäten haben sich aber verschoben. Wirklich in Clubs tanzen zu gehen, das ist womöglich schon etwas vorbei.»