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Verhandlungen Schweiz-EU Auf das Rahmenabkommen folgt das «Kraftpaket»

Der Verhandlungspoker zwischen Bern und Brüssel ist beendet. Nun hat der Bundesrat seine Karten auf den Tisch gelegt.

In der Schweizer Politarena sind Nehmerqualitäten gefragt. Das weiss auch EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen: So verkündete sie heute in Bern, dass die Schweiz und die EU ein «Kraftpaket für die Zukunft» geschnürt hätten.

Sollte es die anstehenden politischen Kämpfe überleben, darf es sich mit Fug und Recht «Kraftpaket» nennen. Einen Vorgeschmack gab es frühmorgens auf dem Bundesplatz: Dort wartete die versammelte SVP-Spitze – bewaffnet mit einer Hellebarde.

SVP-Spitze auf Bundesplatz
Legende: EU-Mahnwache mit Hellebarde und Kerzen: «Heute beginnt der Kampf!», erklärte SVP-Präsident Marcel Dettling auf dem Bundesplatz. SVP Schweiz

Von der Leyen sprach von einem «historischen Abkommen», das angesichts der angespannten Weltlage umso wichtiger sei. In Zeiten von Kriegen sowie wirtschaftlichem und machtpolitischem Druck auf Europa sei es nicht nur von Vorteil, sondern eine Notwendigkeit, gemeinsam Stärke zu zeigen.

Der Bedeutung des Dossiers angemessen traten im Anschluss gleich drei Bundesräte vor die Medien in Bern. Aussenminister Ignazio Cassis, Wirtschaftsminister Guy Parmelin und Justizminister Beat Jans stellten das Vertragspaket vor, das das bilaterale Verhältnis mit Brüssel neu regeln soll.

Ein Feuerring um Europa

Auch Cassis beschwor den Ernst der Lage und sprach von einem «Ring of Fire», der um Europa herum lodere: «Die Welt wird fragmentierter und weniger demokratisch. Deswegen ist es entscheidend, stabile Beziehungen mit den Nachbarn zu haben.»

Zeitgleich mit den drei Bundesräten sprach EU-Kommissar Maros Sefcovic in Brüssel zu den Medien. Auch er wählte weihevolle Worte. Die Vereinbarung stelle das «menschliche Gesicht» der engen Partnerschaft dar, die Schweiz und die EU seien «mehr als Nachbarn», gerade in diesen unsteten Zeiten.

Bundesrat erfreut über Ergebnis

Mit Freundschaftsbekundungen allein wird allerdings keine Politik gemacht. Nicht umsonst wurde monatelang um jedes Detail des Abkommens gerungen.

Die Medienkonferenz des Bundesrat
Legende: Laut Aussenminister Cassis (rechts) gab es knapp 200 Verhandlungsrunden in 14 verschiedenen Bereichen. Sechs Departemente, mehr als zwanzig Bundesämter, über siebzig Expertinnen und Experten seien an den Verhandlungen beteiligt gewesen. Keystone/Anthony Anex

Im Medienzentrum des Bundeshauses ging es dann auch ans Eingemachte: Lohnschutz, Personenfreizügigkeit, dynamische Rechtsübernahme – die drei Bundesräte äusserten sich ausführlich zu den Streitpunkten bei den Verhandlungen.

Der Tenor: Das Vertragspaket sei deutlich vorteilhafter als das Rahmenabkommen, das der Bundesrat vor dreieinhalb Jahren spektakulär versenkt hat. Die Schweizer Unterhändler in Brüssel hätten die «im Verhandlungsmandat festgesetzten Ziele erreicht.» Ihnen sei es gelungen, ausgewogene Lösungen zu finden, die im beidseitigen Interesse seien.

«Natürlich hätten wir gerne noch mehr erreicht», sagte Chefunterhändler Patric Franzen. Bei beiden Seiten herrsche nach dem neunmonatigen Verhandlungsprozess die «übliche mittlere Unzufriedenheit».

Die Einschätzung des Chefunterhändlers

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Patric Franzen, der Schweizer Chefunterhändler des Abkommens mit der EU.
Legende: Patric Franzen, der Schweizer Chefunterhändler des Abkommens mit der EU. Keystone/Alessandro della Valle

Positiv würdigte Franzen beispielsweise, dass der Service Public durch die neuen Bestimmungen nicht tangiert werde. Zudem sichere die sogenannte Non-Regression-Klausel das Schweizer Lohnschutzniveau gegen allfällige Rückschritte ab. Künftige Anpassungen oder neue Entwicklungen des EU-Entsenderechts, die das Schweizer Schutzniveau verschlechtern würden, muss die Schweiz nicht übernehmen.

Ausserdem beschränke sich die dynamische Rechtsübernahme auf die fünf Abkommen der Bilateralen I sowie die neu hinzugekommenen zu Strom und Lebensmittelsicherheit, so Franzen. Die Rechtsübernahme respektiere zudem die in der Schweizer Verfassung verankerten Verfahren. (sda)

Für Justizminister Jans sind etwa die mit der EU ausverhandelten Lösungen bei der Personenfreizügigkeit «besser als der Status quo ohne Einigung.» Bildungsminister Parmelin zeigte sich erfreut über die Wiederaufnahme der Schweiz am EU-Forschungsprogramm Horizon ab Anfang 2025.

Parlament und Volk übernehmen «Hauptrolle»

Cassis erklärte abschliessend, man sei «stolz auf das Ergebnis». Die Interessen der Schweiz hätten besser verteidigt werden können als beim Rahmenabkommen, das scheiterte, noch bevor es durch die Mühlen der Schweizer Politik gehen musste.

Dieser Spiessrutenlauf steht dem «Kraftpaket» noch bevor. Oder, wie es Bundespräsidentin Amherd ausdrückte: «Die politischen Debatten sind lanciert.» Bald schon würden das Parlament und die Stimmbevölkerung die Hauptrollen übernehmen.

Echo der Zeit, 20.12.2024, 18 Uhr ; 

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