In den letzten Jahren sind Online-Shops wie die sprichwörtlichen Pilze aus dem Boden geschossen. Nebst Firmen wie Amazon oder Galaxus drängen auch immer mehr chinesische Billiganbieter auf den Markt, zum Beispiel Temu. Auch sie machen Umsätze in Milliardenhöhe.
In diesem Umfeld behauptet sich der kleine Lehner Versand aus dem luzernischen Schenkon. Gross geworden mit Bettwäsche, hat das Unternehmen heute auch Kleider, Haushaltsgeräte oder Gartenmöbel im Sortiment. Bis zu 800'000 Pakete verschickt der Lehner Versand pro Jahr. Der Umsatz liege «im dreistelligen Millionenbereich». Genauere Zahlen gibt das Familienunternehmen nicht bekannt.
Angefangen hat alles noch viel bescheidener: als Einmannbetrieb, anfangs der 1980er-Jahre in der Stadt Zürich. Heute hat der Lehner Versand 300 Angestellte, nebst dem Onlinehandel 10 Filialen, vorwiegend in der Deutschschweiz.
Anfang Juli 2024 gab Lehner zudem bekannt, dass er per sofort einen der letzten verbliebenen Konkurrenten übernimmt: Vedia aus der Westschweiz.
Chinesische Billiganbieter drängen auf den Markt
Das Geschäft läuft also. Aber: «Es ist noch härter geworden», sagt Lehner-Chef Thomas Meier. Temu zum Beispiel, schicke täglich drei Flugzeuge nach Zürich. Mit Kleidern, Dekoartikeln oder Elektronik zu absurd tiefen Preisen. Preise, die sein Unternehmen nicht konkurrieren kann und will.
Ich habe noch nie gesehen, dass Temu bei einem lokalen Verein Werbung macht.
Meiers Haltung ist klar: «Ich sage immer: Man kann schon so bestellen. Aber irgendwann wandern die Arbeitsplätze ab.» Ausserdem habe er noch nie gesehen, dass Temu bei einem lokalen Verein Werbung machen würde. Oder Menschen mit Beeinträchtigung anstellen und Lehrstellen anbieten. Dessen müsse man sich als Konsument bewusst sein.
Für Meier bedeutet die grosse Konkurrenz zwei Dinge. «Wir müssen die Kosten im Griff haben und innovativ sein.» Das heisst unter anderem: Es wird immer mehr automatisiert. Am Hauptsitz in Schenkon investierte der Lehner Versand 11 Millionen Franken in ein Hochregallager. Bewirtschaftet wird es von 27 Robotern, die Tag und Nacht arbeiten. Sie erledigen bereits 60 Prozent aller Bestellungen.
Was heisst das für die Arbeitsplätze? Wird bald alles von Robotern erledigt? Meier verneint. «Es gibt noch ganz viel andere Arbeit. Wir werden nie alles automatisieren können.» Vermehrt würden Angestellte jetzt auch anders eingesetzt. Wer bis jetzt nur verpackt hat, arbeite vielleicht neu auch in der Logistik oder in einem Laden.
Katalog und Shops schaffen Nähe zur Kundschaft
Effizienz und Modernität allein reichen aber nicht aus, um die Kunden zu binden. Der Lehner Versand hat noch zwei weitere Trümpfe im Ärmel: zum einen den Katalog, der mehrmals jährlich in die Briefkästen der Kundschaft flattert. Der sei nach wie vor wichtig, sagt Meier. «Viele lassen sich gerne vom Katalog inspirieren und bestellen dann im Internet.» Oder per Talon oder Telefon. Auch das ist nach wie vor möglich.
Zum anderen ist es das Filialnetz. Von Frauenfeld bis Spiez gibt es Lehner-Filialen. Die Ware kann angeschaut, angefasst und anprobiert werden – oder bei Bedarf, auch gleich umgetauscht. Freundliche Verkäuferinnen helfen weiter. Niemand strandet bei einer unpersönlichen Hotline. Ein grosser Vorteil, sagt Meier. «So können wir uns gegenüber der Konkurrenz abgrenzen.» In Zukunft will er das Filialnetz noch weiter ausbauen. Im Kampf David gegen Goliath hat der Lehner Versand so noch die Nase vorn.