Ein Drittel aller Lebensmittel in der Schweiz werden nicht gegessen, sondern landen irgendwo auf der Strecke zwischen Produktion und Konsument in der Mülltonne. Insgesamt sind das 2.8 Millionen Tonnen pro Jahr.
Inzwischen verschreiben sich auch Detailhändler wie Coop, Migros und Spar dem Kampf gegen Foodwaste. Sie tun das mithilfe verschiedener Apps. Diese heissen «zu gut für die Tonne», «Foodshelf» oder «too good to go» und haben alle zum Ziel, dass weniger Esswaren in der Mülltonne landen.
«Überraschungstüten» kurz vor Ladenschluss
Migros will mit der App «too good to go» überschüssige Lebensmittel doch noch an die Kundin und den Kunden bringen. Da sieht man zum Beispiel «eine Kiste mit Frischprodukten, die optisch oder ästhetisch nicht mehr ganz astrein sind», sagt Migros-Mediensprecher Patrick Stöpper. Es sind Produkte, die nicht mehr verkauft werden können. «Kurz vor Ladenschluss kann deshalb jemand diese ‹Überraschungstüten›, die er via App bestellt hat, abholen.»
In den «Überraschungstüten» können neben Gemüse zum Beispiel auch Milchprodukte oder Brot sein. Mehr als 1.7 Millionen Mahlzeiten sind so gemäss der App nicht weggeworfen worden.
Händler, die sich den sorgfältigen Umgang mit Lebensmitteln auf die Etikette schreiben, machen damit auch gute Werbung für sich selbst, doch das sei nicht die Motivation, sagt Patrick Stöpper. «Wir können hier wirklich einen weiteren Kanal nützen, um Foodwaste zu reduzieren», sagt er. Und Kundinnen und Kunden zahlen weniger für die Ware.
Umdenken bei Konsumenten gefordert
Mehr als 980'000 Nutzerinnen und Nutzer hat die App inzwischen. Dass damit ein System von Schnäppchenjägern gefördert wird, glaubt Larissa Gerhard von «too good to go» nicht. Dafür sei die App zu aufwändig. «Ich nehme einen Weg auf mich, ich halte mich an eine bestimmte Abholzeit und ich habe auch eine geringere Wahlfreiheit», führt Gerhard aus.
Gemäss dem gemeinnützigen Verein foodwaste.ch ist die Zusammenarbeit zwischen Grossanbietern und dieser App zwar sinnvoll, die Massnahmen dürften aber nicht dort stehenbleiben.
Geschäftsführerin Karin Spori sagt, die ganze Kette, von der Produktion bis Verkauf, müsste neu gestaltet werden. «Das geht los beim Verkauf von krummen Rüebli und Gemüse, das nicht direkt den Normen entspricht», zählt Spori auf, «es geht weiter zu Grosspackungen – dass also mehr im Offenverkauf angeboten wird.» Und vor allem müsste die breite Masse der Konsumentinnen und Konsumenten umdenken.
Denn fast ein Drittel aller weggeworfenen Lebensmittel landen gar nicht bei den Händlern in den Tonnen, sondern im Abfall in den eigenen vier Wänden.