Das Wichtigste in Kürze
- Der Zuckerpreis in der Schweiz steht seit Jahren unter Druck. Die Folge: 400 Bauern sind in den letzten Jahren aus der Produktion ausgestiegen.
- Die Zuckerrüben-Produzenten erhalten jährliche Subventionen in der Höhe von 36 Millionen Franken. Ein Grossteil davon fliesst aufgrund des tiefen Zuckerpreises indirekt an die Abnehmer von Schweizer Zucker.
- Der grösste Abnehmer von Schweizer Zucker ist Red Bull. Der Energy-Drink-Hersteller profitiert indirekt von den Subventionen – laut Schätzungen von bis zu zehn Millionen Franken.
- Red Bull selber schreibt, diese Schätzungen seien falsch.
Red Bull lässt in Widnau (SG) jährlich drei Milliarden Dosen seines Energy Drinks abfüllen. Jede Büchse enthält 27 Gramm Zucker – sieben Würfelzucker.
Red Bull kauft einen Viertel der gesamten Schweizer Zuckerproduktion auf. Das zeigen Recherchen der SRF «Rundschau». Damit ist der Konzern der wichtigste Kunde der Zuckerproduzenten. Doch die Freude der Schweizer Bauern hält sich in Grenzen: «Wenn die Preise nicht stimmen, kann man mit einem Kunden nicht zufrieden sein», sagt Josef Meyer, Präsident der Schweizer Zuckerrübenproduzenten.
Bauern sind unzufrieden
Der Zuckerpreis steht seit Jahren unter Druck, der Import von Zucker ist quasi frei, der Grenzschutz im Vergleich zu anderen Agrargütern klein. Die Folge: Rund 400 Bauern sind in den vergangenen vier Jahren aus der Zuckerrübenproduktion ausgestiegen. Dies, weil sich die Produktion nicht mehr lohnt – trotz höherer Subventionen als Ausgleich der sinkenden Preise.
Der Bund hat die Zuckerrübenproduzenten vergangenes Jahr mit 36 Millionen Franken subventioniert. Doch die wahren Profiteure dieser Steuergeld-Millionen waren nicht die Bauern, sondern die Grossabnehmer des Zuckers – allen voran Red Bull.
Nebst Red Bull sind auch die Migros, Coop und die Schokoladenhersteller grosse Zucker-Abnehmer. Doch Red Bull hat als grösster Kunde beim Preis am meisten Verhandlungsmacht.
Mathias Binswanger, Professor für Ökonomie an der Fachhochschule Nordwestschweiz, sagt: «Wenn Subventionen an Bauern gezahlt werden, wird ein geringerer Preis bezahlt. Auf diese Art gehen Subventionen indirekt an die Nachfrager.» Allein Red Bull dürfte geschätzte fünf bis zehn Millionen Franken profitieren, wie Mathias Binswanger bestätigt.
Politiker sehen Handlungsbedarf
Red Bull schreibt der «Rundschau», die Schätzung der Höhe der Subventionen übertreffe die tatsächlichen Beträge in erheblichem Masse. Wie hoch diese tatsächlich ausfallen, lässt der Konzern unbeantwortet. Und weiter: «Wir sehen es nicht als unsere Aufgabe an, die Schweizer Zuckerrübenpolitik öffentlich zu kommentieren.»
Anders sehen das verschiedene Agrarpolitiker: Der grüne Nationalrat und Bauer Kilian Baumann findet es «unschön.» Es habe sich ein Speckgürtel um die Bauern gebildet, der Gelder absauge. Kathrin Bertschy, Nationalrätin der Grünliberalen, stört sich, wenn Steuergelder indirekt Unternehmen wie Red Bull zugutekommen. Beide sehen eine Lösung in der Umstellung auf eine ökologische Produktion, um höhere Preise für den Zucker zu erwirken.
Rundschau, 4.3.2020, 20:05 Uhr; hosb