Die Schweiz war mit der päpstlichen Schweizergarde zwar schon immer stark präsent im Vatikan. Doch eine Schweizer Botschaft gab es dort noch nie, denn die Beziehungen zwischen Bern und dem Heiligen Stuhl waren stets angespannt. So pflegte bisher der Schweizer Botschafter in Slowenien diese Beziehungen im Nebenjob.
Mit der symbolischen Einweihung der ersten Schweizer Botschaft beim Vatikan werde der Botschafter nun bald auch physisch in Rom präsent sein, erklärte Bundespräsident Cassis am Freitag im Stadtstaat des Papstes. Operativ tätig werde die Niederlassung voraussichtlich im nächsten März nach dem Abschluss der Renovierungsarbeiten: «Damit werden Zusammenarbeit und Kommunikation enger und einfacher», so Cassis.
Die Schweiz werde vom hervorragenden diplomatischen Netzwerk des Papstes profitieren, unterstrich auch der neue Botschafter Denis Knobel, der bisher die Geschäfte mit dem Vatikan von Ljubljana aus leitete. Denn mit weltweit 3000 Diözesen und 40'000 Priestern habe der Papst überall Augen und Ohren. Nun könnten die Schweiz und der Vatikan als Friedensvermittler international besser kooperieren: «Wir werden an der Friedensförderung arbeiten und haben Austausch in bestimmten Regionen, etwa im Nahen Osten.»
Und wie fühlt sich Knobel als Reformierter im katholischen Epizentrum der Welt? «Gut, es ist manchmal etwas exotisch», meinte der Diplomat. So habe er am Morgen im Petersdom die katholische Kirche in ihrer ganzen Glorie erlebt – man könne viel beobachten und vieles lernen.
Neue Kaserne für Schweizergardisten
Bundespräsident Cassis traf am Freitag auch den Papst, doch Substantielles wollte er über das halbstündige Gespräch nicht sagen. Zudem nahm er an der traditionellen Vereidigung der neuen Schweizer Gardisten teil. Deren Kaserne wird für 50 Millionen Franken saniert. Den Grossteil hat eine prominente Stiftung gesammelt, rund zehn Millionen zahlen Bund und Kantone, einen geringen Teil übernimmt der reiche Vatikan.
Der Bundespräsident findet es in Ordnung, dass die Schweiz die Kaserne der Leibwache eines anderen Staatsoberhauptes finanziert. Denn auch das ist der Papst. Weil die Schweizergarde identitätsstiftend und wichtig für den Zusammenhalt der Schweiz sei, so Cassis: «Die Schweizer brauchen symbolische Elemente, die unsere vier unterschiedlichen Sprachen und Kulturen zusammenhalten. Die päpstliche Garde ist eines dieser Symbole.»
«Konfessionelle Schieflage» überstanden
Die Finanzierung der Kaserne und die neue Schweizer Botschaft sorgten im Vorfeld allerdings auch für Unruhe unter den Protestanten in der Schweiz. Rita Famos, Präsidentin der Evangelischen Kirche der Schweiz, hatte vor einer «konfessionellen Schieflage» gewarnt, wenn der Bund eine einseitige internationale Friedenspolitik zusammen mit dem Vatikan betreibe.
Doch bei der symbolischen Einweihung in Rom zeigte sich Famos «sehr zufriedengestellt». Dank ihrer Intervention werde auf Bundesebene nun auch der Austausch mit den anderen Religionsgemeinschaften gesucht. Friedensarbeit brauche die Mitarbeit aller Religionsgemeinschaften: «Wir Reformierten arbeiten in vielen Friedensprojekten mit den Menschen an der Basis. Der Vatikan hat eine hervorragende Diplomatie, die er nutzen kann. Es braucht die Gesamtheit.»
Auch mit der Finanzierung der Kaserne habe sie sich versöhnt, sagt Famos. Ob die Kaserne also auch den Segen der reformierten Kirche habe, liess sie lachend offen: «Die reformierte Kirche segnet keine Kasernen.»