Am 16. März 2020 wurde in der Schweiz allen klar: Jetzt gilt es ernst. Der Bundesrat erklärte die ausserordentliche Lage – und kommunizierte den Lockdown. Die Fallzahlen waren so gestiegen, dass ausser Lebensmittelläden fast alles geschlossen wurde. Zu Hause bleiben, Abstandhalten, die Hände waschen.
Und Maske tragen? Nein, erklärte Daniel Koch. Der Leiter der Abteilung Übertragbare Krankheiten beim BAG erklärte: «Schutzmasken sind sehr wenig wirksam, wenn sie von der allgemeinen Bevölkerung getragen werden.» Masken seien knapp, tragen sollten sie Erkrankte oder Mitarbeiter im Gesundheitssystem.
Die Schweiz befand sich noch immer in Schockstarre, als am 3. April 2020 Bundesrat Alain Berset erklärte: «Masken sind für Pflegefachpersonen notwendig, aber für gesunde Personen bringen sie keinen Mehrwert.» Vielmehr würden sich die Leute in falscher Sicherheit wiegen. Doch bereits ein paar Tage später wird klar: Über eine Maskenpflicht wird im Bundesrat intensiv diskutiert.
Am 16. April 2020 kündigte der Bundesrat an, Lockerungen vorzunehmen. Coiffeursalons würden bald wieder öffnen, ebenso wie Baumärkte oder Blumenläden. Da wurde eine punktuelle Maskenpflicht beschlossen, wenn kein Abstand eingehalten werden kann. Alain Berset erklärte erneut, nicht jedermann solle eine Maske tragen. Doch: «Maske tragen darf natürlich jeder.»
Die zögerliche Haltung zur Maskenpflicht verstand Epidemiologe und Mitglied der Corona-Taskforce des Bundes Marcel Salathé nicht. Er erklärte noch am selben Tag «Es ist klar, dass Masken etwas bringen. Es irritiert mich, dass man darüber noch diskutiert.»
Dazu kommt: Eine Maskenpflicht wurde immer populärer. Ende April befürworteten knapp 60 Prozent in einer Umfrage eine Maskenpflicht in der Öffentlichkeit, wenn es genügend Masken gäbe. Zu diesem Zeitpunkt war zum Beispiel eine Maskenpflicht in Österreich bereits beschlossene Sache.
Doch in der Schweiz kam sie nicht. Mit dem Hochfahren des öffentlichen Verkehrs gab es dazu lediglich eine Empfehlung. Simonetta Sommaruga erklärte am 29. April 2020, dass es oft möglich sei, die Abstandsregeln im Tram oder im Zug einzuhalten.
Und die Fallzahlen schienen dem Bundesrat recht zu geben: Trotz Lockerungen sanken die Zahlen weiter. Doch eines blieb: Die Forderung nach einer Maskenpflicht. Mitte Mai erreichte die Zustimmung für eine Pflicht im öffentlichen Verkehr 50 Prozent.
Am 19. Juni 2020 folgte dann doch noch eine schweizweite Maskenpflicht, doch keine für den öffentlichen Verkehr, sondern für Demonstrationen. Mit dem Ende der ausserordentlichen Lage könnten nun zudem die Kantone selber eine Maskenpflicht einführen, erklärte Simonetta Sommaruga.
Die Kantone sollten sich untereinander absprechen, so Simonetta Sommaruga. Doch das sollte sich schwierig gestalten. «Willkommen im Föderalismus», sagte Bundesrat Alain Berset dazu.
Doch zu kantonalen Lösungen zur Maskenpflicht ist es nun nicht mehr gekommen. Noch am Montag hatten sich Bund und Kantone getroffen, Alain Berset hatte daraufhin die Medien über die Zusammenarbeit unterrichtet. Berset sprach da noch immer von einer «Empfehlung».
Nur zwei Tage später ist nun also klar: Ab Montag gilt im öffentlichen Verkehr eine Maskenpflicht. Nun wirken Masken also doch. Aber, wie Alain Berset heute einschränkte: «Selbstverständlich wirken Masken nur, wenn sie richtig getragen werden und wenn sie überhaupt getragen werden.»