Es ist eine brutal harte Landung für die strahlende Wahlsiegerin: Genau eine Woche vor den Bundesratswahlen steckt die Kandidatur von Grünen-Präsidentin Regula Rytz im Tief. «Dabei bestreitet niemand grundsätzlich, dass wir Anspruch auf einen Sitz im Bundesrat hätten», sagt Rytz konsterniert zur «Rundschau».
«Die Grünen sind zur viertstärksten Partei aufgestiegen», betont sie die «historische Sitzverschiebung» bei den Wahlen. Doch auch sie kann nicht bestreiten, dass ihre Kandidatur zurzeit praktisch aussichtslos erscheint.
Kritik am Auftritt der Grünen-Präsidentin
Rytz hat die Grüne Partei zum historischen Wahlsieg geführt. Das Selbstbewusstsein der Präsidentin kommt nicht überall gut an. Vor allem aus der wichtigen Mitte-Fraktion kommt viel Kritik: «Sie hat manchmal etwas Besserwisserisches und Rechthaberisches, das schadet ihrer Kandidatur», sagt zum Beispiel Fabio Regazzi (CVP/TI), der mit Rytz Mitglied der Verkehrskommission war.
Insbesondere ihr Auftritt zur Lancierung der Bundesratskandidatur ist bei einigen gar nicht gut angekommen: «Das war ein sehr unbescheidener Auftritt», sagt Alois Gmür. Der CVP-Nationalrat fügt an: «So kann man in der Mitte nicht punkten.»
Regula Rytz kontert in der «Rundschau»: «Man kann es nie allen recht machen». Sie sei bereit, Verantwortung im Bundesrat zu übernehmen: «Wenn man Verantwortung übernehmen will, dann muss man auch hinstehen».
Das Mitte-Problem
«Eine Person, die sich so wie Frau Rytz positioniert, ist meines Erachtens nicht wählbar», sagt CVP-Nationalrat Marco Romano. Ihm ist die Grünen-Präsidentin für den Bundesrat zu links. «Dass die Mittefraktion mich nicht einmal zum Hearing einlädt, hat mich erstaunt», räumt Rytz ein.
Die Grünen waren davon ausgegangen, dass aus der Mitte heraus Support für eine grüne Bundesratskandidatur kommen würde – eine Fehleinschätzung. «Ich bin Parteipräsidentin. Klar, dass ich pointierte Positionen eingenommen habe», kontert sie den Vorwurf, zu weit links für die Landesregierung zu politisieren. Sie habe aber als Berner Baudirektorin bewiesen, dass sie in einer Regierung arbeiten könne, betont Rytz.
Das GLP-Problem
Besonders bitter für sie: Auch aus der liberalen Schwesterpartei, den Grünliberalen, kommt nur wenig Support für ihre Kandidatur. «Ich wähle Frau Rytz nicht», sagt zum Beispiel die Waadtländer Grünliberale Isabelle Chevalley. Offiziell ist bei den Grünliberalen aber noch alles offen.
GLP-Präsident Jürg Grossen räumt gegenüber der «Rundschau» ein, in einem Dilemma zu stecken. «Wir möchten gerne einen ökologischeren Bundesrat», so Grossen. Doch Rytz sei eine Kandidatin «ganz am linken Rand» und drei linke Sitze im Bundesrat wären aus seiner Sicht eine «Übervertretung» der Linken.
Zudem stehe FDP-Bundesrat Ignazio Cassis in der Europapolitik der GLP näher als Rytz. «Insofern ist es für uns eine fast ausweglose Situation», so Grossen.
Noch genau eine Woche bis zur Wahl
Grossen selber betont, er habe sich noch nicht entschieden, ob er Rytz wählen werde. Genau eine Woche vor der Wahl sieht es für die erfolgsverwöhnte Parteipräsidentin also nicht gut aus. Rytz selber betont, dass erst ganz am Schluss abgerechnet werde: «Wie es genau herauskommt, sehen wir erst am 11. Dezember.»