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Waadtländer Steueraffäre Gelten für Regierungsräte andere Regeln?

Der Waadtländer Finanzdirektor Pascal Broulis wird in der Steueraffäre entlastet. Doch es bleiben offene Fragen – und Vorwürfe.

Pascal Broulis hat keine Strategie zur Steueroptimierung betrieben und nie gegen ein Gesetz verstossen. Zu diesem Schluss kommen die Untersuchungen des Steuerinspektorats und dreier externer Experten. Es geht um die Aufteilung zwischen Broulis Steuerdomizil in Sainte-Croix und seinen Zweitwohnsitz Lausanne.

Doch es bleiben Fragen offen. Die Vorwürfe und Fragen kommen vom ehemaligen Freiburger Rechtsprofessor und Kantonsrichter Hugo Casanova. Er wirft der Waadtländer Steuerverwaltung vor, bei den Kosten für Broulis' Fahrten mit dem Privatauto zu wenig genau hingeschaut zu haben.

28'800 Franken Autofahrkosten?

Wenn Broulis als Regierungsrat eine Pauschale von 13'800 Franken pro Jahr für Dienstfahrten mit dem Privatauto bekäme und dann auch noch über 15'000 Franken für die Fahrten zwischen Wohn- und Arbeitsort von den Steuern abziehe, sei dies zwar legal, stellt Casanova fest. Doch in einem solchen Fall hätte überprüft werden müssen, wie viele Kilometer Broulis tatsächlich mit seinem Auto zurücklege – und in welchem Verhältnis diese zu den Entschädigungen und Abzügen stünden.

Casanova stellt eine weitere, ähnliche Praxis infrage, die in der Waadt für alle Regierungsräte gilt: Sie erhalten 6000 Franken Entschädigung für allgemeine Spesen und ziehen zusätzlich pauschal 10'000 Franken von den Steuern ab. Das sei nicht gesetzeskonform, so die Auffassung des ehemaligen Kantonsrichters Casanova.

Broulis lächelt in die Kamera, im Hintergrund weitere Personen.
Legende: Pascal Broulis ist offiziell entlastet. Doch es bleibt ein fahler Nachgeschmack. Keystone

Von der Affäre Broulis bleiben weitere Narben: So ist das Vertrauen der Waadtländer Bevölkerung in ihren obersten Steuerchef angeschlagen. Das Gefühl, man schaue einfachen Steuerzahlern genauer auf die Finger als ranghohen Politikern bleibt.

Auch wird der Fall von Nationalrätin Isabelle Moret weiter zu reden geben. Denn im Zuge der Affäre Broulis ist öffentlich geworden, dass ihre Steuern letztmals vor zehn Jahren definitiv veranlagt wurden.

Zudem führte die Steueraffäre Broulis zu Spannungen innerhalb der waadtländischen Regierung. Vorbei sind die Zeiten wie vor einem guten Jahr, als der Wahlkampf fast langweilig war, weil so grosse Einigkeit herrschte und die Waadtländer Konsenspolitik über die Kantonsgrenzen hinaus Anerkennung fand.

Wie tief die Narben sind, zeigt sich schon bald: Der Regierungsrat hat angekündigt, grundsätzlich über die Bücher zu gehen, was die Besteuerung von Staatsräten betrifft.

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