Für Politikerinnen war der Wahlsonntag ein langer Tag. Erst spät am Abend treffen endlich die Schlussresultate aus den letzten Kantonen ein. Das Warten auf die Ergebnisse habe sich aber gelohnt, meint Kathrin Bertschy, Co-Präsidentin der Frauendachorganisation Alliance F zufrieden: «Wir haben einen Zuwachs bei den gewählten Frauen im Nationalrat, wie wir ihn noch nie hatten. Man wird die 40-Prozent-Marke knacken – und das ist historisch.»
Man wird die 40-Prozent-Marke knacken – und das ist historisch.
So viele Frauen wie noch nie haben in diesem Jahr kandidiert. «Entscheidend war: Sie haben auf guten, aussichtsreichen Listenplätzen kandidiert und sie wurden jetzt gewählt», so Bertschy, die selber für die Grünliberalen wieder in den Nationalrat gewählt wurde.
Sie betont, dass wichtig sei, dass der Frauenanteil im Nationalrat die 40-Prozent-Schwelle überschreitet. «Das ist die Grenze, die man knacken muss, damit es Normalität wird, so dass das Geschlecht kein Thema mehr ist.» Viel dazu beigetragen hätten einerseits der Frauenstreik im Juni und andererseits die überparteiliche Kampagne «Helvetia ruft!», die Frauen zum Kandidieren ermunterte.
Auch Bürgerliche fördern Frauen
«Es ist angekommen, dass die Frauen auch den Mut gefasst haben, sich auf der Liste zu präsentieren», findet Claudine Esseiva von der FDP, die sich bei der Kampagne mitengagiert hat. Sie hofft, die Frauen durch «ihre Resultate Mut gefasst haben, sich weiterhin politisch zu engagieren.»
Ich hoffe, Frauen haben durch ihre Resultate Mut gefasst, sich weiterhin politisch zu engagieren.
Auch hat sie festgestellt, dass nicht nur bei den linken Parteien mehr Frauen kandidierten, sondern auch bei den Bürgerlichen. Das gilt für die ländlichen Kantone ebenfalls. Als Folge davon wurden am Wahlsonntag zwei Männerbastionen geknackt: Die Kantone Obwalden und Zug schicken neu zum ersten Mal eine Frau in den Nationalrat.
Man ist noch lange nicht am Ziel, da müssen wir sicher noch viel arbeiten.
Vom neu zusammengesetzten Nationalrat mit 22 zusätzlichen Frauen fühle sie sich als Frau auf jeden Fall besser repräsentiert, so Esseiva. Erfreut über die Erfolge der Frauen ist auch SP-Nationalrätin Flavia Wasserfallen. Aber 40 Prozent seien eben nicht 50 Prozent: «Da ist man noch lange nicht am Ziel, da müssen wir noch sehr viel arbeiten.»
Sorgenkind Ständerat
Insbesondere im Ständerat ist der Frauenanteil weiterhin viel tiefer. Wegen der zweiten Wahlgänge in verschiedenen Kantonen steht er dort noch nicht fest. Doch es gebe auf jeden Fall immer noch einiges aufzuholen, so SP-Frau Wasserfallen.
Kathrin Bertschy, Co-Präsidentin von Alliance F, betont dagegen noch einmal den grossen Schritt, den die Frauen gemacht hätten. «Es wird zur Normalität, dass Frau politisiert. Das war schon lange an der Zeit.» Viele Wählerinnen und Wähler haben also den Ruf der Helvetia gehört.