- Die Öko-Parteien steuern auf einen Wahlsieg zu. Und der Schweiz steht ein Linksrutsch bevor. Das sind die wichtigsten Erkenntnisse aus dem letzten SRG-Wahlbarometer vor den Wahlen am 20. Oktober.
- Die SVP bleibt klar stärkste Kraft. Die FDP fällt ins Minus.
- CVP und Grüne liefern sich ein Kopf-an Kopf-Rennen an der 10-Prozent-Marke.
Ende September haben 100'000 Menschen auf den Bundesplatz für eine griffige Klimapolitik demonstriert. Auch ist die grüne Welle längst in die Kommentarspalten und die sozialen Medien übergeschwappt, wo die Meinungen geteilt und der Ton rau ist.
Kein Wunder, wird der anstehende Urnengang zur Klimawahl: «Und sollte es einen grünen Rutsch geben, werden die Jungen wesentlichen Anteil daran haben. Sie haben das Thema so stark auf die Agenda gebracht», sagt Michael Hermann. Er ist Leiter der Forschungsstelle Sotomo, die das Wahlbarometer im Auftrag der SRG erstellt hat.
Mit Blick auf die Parteienlandschaft ist das wichtigste Verdikt der Meinungsforscher: Der Rechtsrutsch von 2015 könnte durch einen ungewöhnlichen Linksrutsch rückgängig gemacht werden. Denn der aktuelle Trend bricht mit einer Schweizer Wahltradition: Wenn die Pol-Parteien gewinnen, verlieren die Mitte-Parteien.
Nun sieht es aber danach aus, dass die Rechte verliert und die Linke gewinnt. In Zahlen: Das rot-grüne Lager legt aktuell um 3 Prozentpunkte zu. FDP und SVP verlieren zusammen 3.3 Prozentpunkte. Kommt hinzu: Es gibt einen Linksrutsch in der Mitte, von dem vor allem die GLP (+2.7 Prozentpunkte) profitiert.
Durch die Klimadebatte sei damit eine völlige Umkehrung gegenüber den letzten Wahlen eingetreten, erklärt Hermann: «Vor vier Jahren hat man über Asyl und Flüchtlinge geredet. Das an sich rechte Thema hat bis in die Mitte ausgestrahlt.» Nun aber bröckelt es rechts – und die Mitte tendiert nach links.
Die grüne Welle hält zwar an. Doch auch der Widerstand gegen eine rigide Klimapolitik ist stärker geworden: «Sobald es um Kosten geht, ist die Bevölkerung gespalten», sagt Hermann. Und: Im rechtsbürgerlichen Lager gibt es Anzeichen für Überdruss. «Bei Teilen der FDP-Wähler ist Unzufriedenheit spürbar, von der nicht zuletzt die SVP profitiert.»
Zwar muss sich die SVP auf Verluste einstellen. Sie bleibt aber mit 27.3 Prozent Wähleranteil klar stärkste politische Kraft. Nachdem die Partei bis im Juni laufend Wähleranteile verloren hat, scheint sie sich langsam von ihrer Baisse zu erholen. «Auch, weil vermehrt FDP-Anhänger die SVP wählen wollen», so Hermann.
Dreikampf um Bundesratssitz?
Neben der BDP, die ihre Fraktionsstärke im Parlament verlieren könnte, blickt auch die CVP sorgenvoll auf den Wahltag. Das letzte Wahlbarometer zeigt nun: Im bürgerlichen Lager muss sie derzeit die geringsten Verluste hinnehmen.
Besonders wichtig für die CVP ist der Zweikampf mit den aufstrebenden Grünen, die auf ihren ersten Bundesratssitz schielen. «Das Rennen ist offen», sagt Hermann. Psychologisch wichtig sei für die CVP aber auch, dass sie weiter über der Marke von 10 Prozent steht.
An einer magischen Grenze befindet sich auch die FDP. Zurzeit beträgt ihr Minus gegenüber den Wahlen von 2015 1.2 Prozentpunkte, allerdings liegt das Minus noch im Fehlerbereich der Stichprobe.
Hält aber der Trend an, könnte die FDP die 15-Prozent-Marke unterschreiten, schliesst Hermann: «Kommt diese Hürde ins Spiel, könnte eine Diskussion um ihren zweiten Bundesratssitz entstehen.» Aus dem Zweikampf CVP gegen Grüne könnte also – je nach Interpretation des Wahlergebnisses – ein Dreikampf werden.