Da ist zum Beispiel die FDP. Sie hat bei den Zürcher Wahlen nicht verloren und konnte den Wähleranteil halten, hat sich aber sicher mehr erhofft. Parteipräsident Thierry Burkart sagt bilanzierend mit Blick auf die nationalen Wahlen: «Wir müssen gewisse Fehler vermeiden, die vielleicht da und dort passiert sind. Etwa, dass wir nicht mit Bisherigen angetreten sind. Zudem müssen wir bei der Mobilisierung deutlich zulegen.»
Doch mobilisieren wollten alle und so einfach sei das nicht, stellt Politbeobachter Michael Hermann fest. Das erste Problem sei die Themensetzung, wo die Parteien mit den eigenen Themen gegenüber den dominierenden Themen praktisch chancenlos seien.
Dominierende Themen als Selbstläufer
Und die grossen Themen bestimmten letztlich, wer besser mobilisieren könne: «Vor vier Jahren war das Klima dominant und half den Grünen, egal, was sie gemacht haben. Vier Jahren zuvor waren Terrorismus und Flüchtlinge aus Syrien zentral, was der SVP half. Das kann also niemand selber beeinflussen.»
Vor vier Jahren war das Klima dominant und half den Grünen – egal, was sie gemacht haben.
Dazu kommt laut Hermann, dass die Mobilisierung bei nationalen Wahlen deutlich schwieriger ist als bei kantonalen wie neulich in Zürich. Der Grund: Bei nationalen Wahlen gehen immer etwa 50 Prozent der Bevölkerung an die Urne, bei kantonalen Wahlen nur 30 bis 35 Prozent. Es gibt also viele, die grundsätzlich politisch interessiert sind und einer Partei angehören, aber kantonal normalerweise nicht wählen: «Diese kann man leicht mobilisieren und gewinnen, damit sie trotzdem gehen», so Hermann.
Am wirksamsten: der persönliche Kontakt
Menschen mit gleicher Werthaltung mobilisieren sei keine Zauberei, ergänzt Carmen Schoder von der Kampagnen-Agentur Feinheit: «Die eigene Basis lässt sich über bestehende Kontakte mobilisieren, etwa durch Telefonaktionen, Mails, Briefe und natürlich Social Media. Der persönliche Anruf ist aber vergleichsweise wohl am wirksamsten.»
Die SP ist hier anscheinend gut aufgestellt. Sie verfügt offensichtlich über gute Datenbanken der eigenen Wählerbasis und hat in Zürich mit Telefonkampagnen auch deutlich besser mobilisiert als etwa die Grünen. Auf solche Telefonkampagnen dürfte die SP auch bei den nationalen Wahlen setzen.
Der Kampf um die andere Hälfte
Doch laut Hermann müssen national über die 50 Prozent ohnehin Interessierten hinaus jene Menschen gefunden werden, die man zusätzlich vom Urnengang überzeugen will. Die Mobilisierung der Wechselwähler und Neuwählerinnen sei wesentlich schwieriger.
Neben der politischen Grosswetterlage und den dominierenden Themen seien Präsenz und Nahbarkeit zentral, um Personen auch ausserhalb der eigenen Basis zu mobilisieren, unterstreicht Kampagnen-Spezialistin Schoder und verweist auf die Strasse, private und öffentliche Anlässe sowie Wahlpodien.
Neben den dominierenden Themen sind Präsenz und Nahbarkeit zentral, um Personen ausserhalb der eigenen Basis zu mobilisieren.
Social Media – bei Wahlen nur bedingt tauglich
Das Problem dabei: Der Aufwand für Stand-Aktionen und Tür-zu-Tür-Kampagnen ist gross und das Resultat ungewiss. Welche Rolle spielen bei alledem die sozialen Medien? Parteien müssen hier präsent sein. Allerdings gibt Lukas Golder von GFS-Bern zu bedenken: «Die Theorie besagt: Social Media helfen bei Abstimmungen bei der Mobilisierung, aber nicht bei Wahlen. Hier ist es extrem schwer, denn die Wahlen sind etwas zu kompliziert.»