Zwanzig Jahre lang politisierte Christa Markwalder für die FDP im Nationalrat. Nun tritt sie bei den nächsten Wahlen nicht mehr an. Im «Tagesgespräch» wirft sie einen Blick zurück.
SRF News: Welche Begegnung im Bundeshaus ist Ihnen besonders in Erinnerung geblieben?
Christa Markwalder: Es gab viele. Eine, die heraussticht, ist der Gegenbesuch von John Bercow. Er war zu dieser Zeit Sprecher des britischen Parlamentes, als er mich in Bern besuchte. Zuvor war ich in meiner Funktion als Nationalratspräsidentin bei ihm in London. Obwohl wir uns erst zum zweiten Mal begegnet sind, fühlte es sich an wie ein Zusammentreffen zwischen alten Freunden.
Allerdings haben wir dank der bilateralen Verträge ein effektives Kooperationsmodell entwickelt.
Ihr Engagement als Aussenpolitikerin lässt sich vor allem mit zwei Buchstaben zusammenfassen: EU. Vor 22 Jahren formulierten Sie das Ziel, dass die Schweiz auf der EU-Karte kein leerer Fleck bleiben darf. Würden Sie dieses Ziel heute genauso formulieren?
Ja, die Schweiz ist noch immer aussen vor im europäischen Integrationsprozess. Allerdings haben wir dank der bilateralen Verträge ein effektives Kooperationsmodell entwickelt. Es ist wichtig, dass diese weiter gepflegt werden. Aber auch die bilateralen Verträge sind nicht von Dauer, und aktuell beunruhigt mich, dass der Bundesrat nicht ausreichend voranschreitet. Wir formulieren nur Wunschlisten an die EU, ohne dass wir klar festlegen, was die Schweiz zu geben bereit ist.
Kann zusammenfassend gesagt werden, dass Sie von der Europapolitik des Bundesrates enttäuscht sind?
Das ist eine treffende Zusammenfassung. Denn in den vergangenen Jahren haben wir keine spürbaren Fortschritte erzielt.
Bei der sogenannten «Kasachstan-Affäre» wurde Ihnen vorgeworfen, dass die von Ihnen eingereichte Interpellation massgeblich durch das autokratische Land selbst verfasst wurde. Würden Sie diesen Moment als Tiefpunkt Ihrer politischen Karriere bezeichnen?
Ja, zweifellos war es der Tiefpunkt meiner politischen Karriere. Gleichzeitig war es aber auch der Tiefpunkt des Schweizer Journalismus. Es gab Wetten unter Journalisten, dass ich das politisch nicht überleben werde, und ich bin stolz darauf, dass ich es überlebt habe. Es war eine anspruchsvolle Zeit. Es ist wichtig anzumerken, dass ich die Fragen bereits 2013 einreichte, zwei Jahre bevor das Ganze medial aufgegriffen wurde. Dies war ein gezielter Angriff auf meine Person, um mich als Nationalratspräsidentin zu verhindern. Bedauerlicherweise haben die Medien mitgemacht, ohne zu hinterfragen.
Sie gründeten das überparteiliche Bundeshausstreichquartett. Stellt das Musizieren einen Ausgleich zu ihrer Politik dar?
Meines Erachtens weisen die Musik und die Politik viele Gemeinsamkeiten auf. Wie man sagt, «c’est le ton qui fait la musique», oder eben «c’est le ton qui fait la politique». Das Streichquartett habe ich im Rahmen der Einführung meines Präsidialamtes ins Leben gerufen.
Wie man sagt, ‹c’est le ton qui fait la musique›, oder eben ‹c’est le ton qui fait la politique›.
Ich war der Ansicht, dass, wenn wir bereits ein Milizparlament sind, wir auch ein Milizmusikquartett gründen können. Wir sind zwar keine Profis, aber wir haben uns bemüht, die Legislatur 2016 mit den slawischen Tänzen von Dvořák stimmungsvoll zu eröffnen.
Das Gespräch führte Karoline Arn, Mitarbeit Géraldine Jäggi.