Die Aussenpolitische Kommission des Nationalrats (APK) hat ohne Gegenstimme Christa Markwalder das Vertrauen ausgesprochen. Der Entscheid fiel mit 18:0 Stimmen, es gab fünf Enthaltungen. Gegen die Berner FDP-Politikerin wird damit keine Strafanzeige erhoben.
Kommissionspräsident Carlo Sommaruga (SP/GE) argumentierte, der Inhalt der Informationen, die Markwalder an eine Lobbyistin weitergegeben hatte, seien bereits bekannt gewesen. Deshalb handle es sich nicht um eine Geheimnisverletzung.
Sommaruga kündigte an, die APK werde sämtliche Dokumente publizieren. Bei den Informationen handelt es sich um Antworten des Bundesrates auf eine Interpellation Markwalders zum Verhältnis zwischen der Schweiz und Kasachstan.
«Geringfügige Verletzung»
Auch das Büro des Nationalrates (siehe Box) sanktioniert Markwalders Verhalten nicht. Dies sei einstimmig beschlossen worden, sagte Nationalratspräsident Stéphane Rossini.
Das Büro habe die Vorwürfe diskutiert, die gegenüber Markwalder erhoben worden seien. Auch die Aussagen der Nationalrätin seien zur Kenntnis genommen worden. Dabei sei man zum Schluss gekommen, dass Markwalder zwar das Amtsgeheimnis formell verletzt habe, die Verletzung jedoch geringfügig sei. Daher würden keine Massnahmen ergriffen.
Ich bin erleichtert über die sachlichen Diskussionen und die heutigen Beschlüsse der APK und des Büros des Nationalrates.
Die Nationalrätin zeigte sich in einer Mitteilung auf ihrer Webseite erleichtert über die heutigen Entscheide der APK und des Nationalratsbüros.
Sache noch nicht ausgestanden
In der Aussenpolitischen Kommission und im Büro des Nationalrats ist der Fall Markwalder damit vorerst erledigt. Nicht so bei der Bundesanwaltschaft: Dort sind vergangene Woche zwei Strafanzeigen von Privatpersonen gegen die Berner Nationalrätin eingegangen. Darin wird Markwalder eine ganze Reihe von Straftaten vorgeworfen, unter anderem politischer Nachrichtendienst für einen fremden Staat.
Auch gegen Markwalders Parteikollegen Walter Müller (SG) ist bei der Bundesanwaltschaft eine Strafanzeige eingegangen. In diesem Fall sind die Jungsozialisten die Urheber. Müller hatte sich im Mai 2014 zu einer Reise nach Kasachstan einladen lassen. Nach Ansicht der Juso liess sich der St. Galler Nationalrat damit bestechen. Gemäss der FDP-Fraktion hat Müller die Kosten für die Reise inzwischen nachträglich selber übernommen.
Aufhebung der Immunität ist beantragt
Sowohl Markwalder als auch Müller sind derzeit durch die parlamentarische Immunität vor einem Strafverfahren geschützt. Die Bundesanwaltschaft hat beim Parlament deshalb die Aufhebung der Immunität der beiden Nationalratsmitglieder beantragt. Darüber befinden nun die beiden Immunitätskommissionen von National- und Ständerat. Bisher zeigte sich das Parlament in solchen Fällen sehr zurückhaltend.
Grosser Rückhalt in der Fraktion
Von ihrer Fraktion drohen Markwalder derzeit keine Konsequenzen. Der Rückhalt ist gross. FDP-Fraktionspräsidentin Gabi Huber sagte vor wenigen Tagen, auch Politiker seien Menschen und machten Fehler. Zudem werde das Kommissionsgeheimnis sehr häufig verletzt.
Andererseits machte FDP-Präsident Philipp Müller die politische Zukunft von Markwalder auch vom heutigen Entscheid abhängig. Ende November steht Markwalders Wahl zur Nationalratspräsidentin an.
Ärger wegen Kasachstan
Am 21. Juni 2013 hatte die Berner FDP-Nationalrätin Christa Markwalder einen parlamentarischen Vorstoss eingereicht. Ein Vorstoss, der von Lobbyisten formuliert wurde. Das ist soweit Alltag im Parlamentsbetrieb. Weniger alltäglich ist, dass hinter dem Text ein kasachischer Politiker steckt und eine erste Fassung in Kasachstan nochmals stark überarbeitet worden war.