Vor vier Jahren konnte die GLP ihre Sitze im Nationalrat mehr als verdoppeln. Nun versucht die Partei, an diesem Erfolg anzuknüpfen. Gemäss SRG-Wahlbarometer dürfte es aber knapp werden. Höchste Zeit für kritische Fragen von Wählerinnen und Wählern.
Klimapolitik: Wie viel Grün steckt in der GLP?
Verboten steht die GLP eher skeptisch gegenüber. Wieso eigentlich, will Rebecca Meier, Mitglied der Jungen Grünen aus dem Kanton St. Gallen, wissen. «Wenn wir zu viel von den Leuten verlangen, erleiden wir Schiffbruch. Das hat die Vergangenheit gezeigt», sagt Jürg Grossen mit Blick auf die verlorene Abstimmung zum CO₂-Gesetz vor zwei Jahren. Viel besser sei es, mit Anreizen zu arbeiten. Diese stünden am Anfang einer Entwicklung, die auch Subventionen und Leistungsabgaben beinhalte. Schritt für Schritt soll es also gehen – auch auf Kosten des «Grün» in «Grünliberal»? «Ich verstehe, dass man sich Sorgen um die Umwelt macht, aber mit Panik ist niemandem geholfen», so der 54-Jährige. Ein kleiner Seitenhieb in Richtung der Grünen.
Klimademos: Wie viel Radikalität darf sein?
In einem parteiinternen GLP-Newsletter wurde jüngst zur Teilnahme an einer Klimademo Ende September aufgerufen: Ein Bruch mit dem Selbstbild der lösungsorientierten Vermittlerin, findet Anna Kull aus dem Kanton Solothurn. «Auch ich finde, es gibt bessere Mittel als die Demonstration. Von den Klimaklebern distanziere ich mich ohnehin», stellt Jürg Grossen klar. Anders sehe es bei geregelten Klimademos aus. «Auf Missstände aufmerksam zu machen, gehört zur Demokratie.» Und wo profiliert sich die Partei als Brückenbauerin? «Wir haben beim Mantelerlass eine entscheidende Rolle gespielt. Am Anfang waren die Positionen verhärtet – auch vonseiten der extremen Umweltverbände. Wir brachten beide Seiten zusammen und haben dabei Mut bewiesen», findet Jürg Grossen.
EU-Politik: Möchten Sie die direkte Demokratie schwächen?
Im Gegensatz zu den meisten anderen grossen Parteien befürwortete die GLP das Rahmenabkommen mit der EU stets. Für Elias Walimann, Lernender aus dem Kanton Obwalden und Mitglied der Jungen SVP, ein Bruch mit der direkten Demokratie. Eine Kritik, die Jürg Grossen nicht gelten lässt. «Das Rahmenabkommen hätte der Schweiz mehr Mitsprache garantiert. Es wäre also keine Schwächung, sondern eine Stärkung der Demokratie gewesen.» Abstimmungen wären weiterhin möglich gewesen und Mechanismen zur Streitbeilegung hätten bereitgestanden, so der Berner Nationalrat. Wie soll es nun weitergehen? «Unser primäres Ziel ist es, die bilateralen Abkommen am Leben zu erhalten. Sollte das nicht klappen, könnten wir uns auch den Plan B – den EWR 2.0 – vorstellen.»
Wohnungsnot: Reicht der Abbau von Bürokratie?
Was will die GLP abgesehen von Bürokratieabbau gegen die Wohnungsnot unternehmen, will Silas Thaler, 30, Sanitärplaner aus dem Kanton Bern, vom GLP-Präsidenten wissen. «Wir sind dafür, dass Hürden für das Bauen reduziert werden», so Grossen. Aber auch in der Raumplanung müssten wieder grössere Schritte gemacht werden. «In den Städten etwa könnte die Wohnfläche stark ausgebaut werden, indem aufgestockt würde.» Soll die Schweiz also zu einem Klein-Singapur werden? «Nein. Aber dort, wo der Wohnraum knapp ist, soll man in die Höhe bauen können.»
Ukraine-Krieg: Ist die Schweizer Neutralität in Gefahr?
Läuft die Schweiz Gefahr, die eigene Neutralität aufzugeben, möchte Luca Behrends, Gymnasiast aus Basel, wissen. «Die Neutralität ist nicht in Gefahr – denn sie ist eine elastische Sache», findet Jürg Grossen. Angesichts des völkerrechtswidrigen Angriffs Russlands auf die Ukraine müsse die Schweiz handeln. Alles andere wäre «feige». Aus diesem Grund habe sich die GLP im Parlament auch für die Weitergabe von Panzern an Deutschland eingesetzt. Sorgt sich Grossen denn nicht, dass die Schweiz deshalb nicht mehr als neutral wahrgenommen wird und ihre guten Dienste nicht mehr anbieten kann? «Ich bin mir da nicht so sicher. Ich vertraue auf die Stärken der Schweizer Diplomaten.»