Brigitte Häberli-Koller, Eva Herzog und Liza Mazzone: Das Präsidium des Ständerats ist dieses Jahr weiblich. Doch der Eindruck täuscht: Die Frauen sind im Ständerat immer noch untervertreten. Trotz der Frauenwahl vor vier Jahren. Damals wurden fünf zusätzliche Frauen in den Ständerat gewählt und der Frauenanteil war mit zwölf Frauen so hoch wie nie.
Seither sind zwei zusätzliche Frauen in Ersatzwahlen gewählt worden – Esther Friedli (SVP) und Isabelle Chassot (Mitte). Mit Marina Carobbio (SP) ist eine Frau zurückgetreten. Aktuell sitzen also 13 Frauen im Ständerat. Im schlechtesten Fall – aus Frauensicht – dürfte sich diese Zahl auf zehn reduzieren.
Nicht viele freie Sitze
Dafür gebe es mehrere Gründe, sagt Politologin Sarah Bütikofer von Sotomo. Sie beobachtet den Ständerat seit Jahren. «Der wichtigste Grund ist, dass es gar nicht so viele freie Sitze gibt», so Bütikofer. Und: «Bei den Bisherigen, die wieder antreten, ist der Männeranteil sehr gross.»
Es gibt Kantone, in denen die Sitze von Frauen bei den Wahlen an Männer gehen dürften. So etwa der Sitz von Marina Carobbio im Tessin, der Sitz ist vakant, seit Carobbio in die Tessiner Regierung gewählt wurde. Er könnte von Alex Farinelli (FDP) oder Fabio Regazzi (Mitte) beerbt werden. Ebenso der Sitz der Waadtländerin Adèle Thorens (Grüne), die nicht mehr antritt. Hier sind Pierre-Yves Maillard (SP) und Pascal Broulis (FDP) in den Startlöchern.
Den Parteien geht es darum, ihre Ständeratssitze nicht zu verlieren, und das beste Mittel ist, eine Person mit sehr guten Wahlchancen zu nominieren.
In zwei weiteren Kantonen müssen bisherige Frauen um ihre Wiederwahl zittern: Céline Vara (Grüne) könnte in Neuenburg von Baptiste Hurni (SP) verdrängt werden. Ebenfalls um ihre Wiederwahl bangen muss im Jura Mathilde Crevoisier Crelier (SP), die für Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider nachgerückt ist. Sie könnte von Parteikollegin und Regierungsrätin Nathalie Barthoulot oder Jacques Gerber (FDP) verdrängt werden.
Hohe Hürden für den Ständerat
Generell sei die Hürde, um in den Ständerat zu kommen, hoch, sagt Politologin Sarah Bütikofer. Für Frauen wie auch für Männer. Es brauche Personen mit langjährigen Polit-Karrieren. «Den Parteien geht es natürlich darum, ihre Ständeratssitze nicht zu verlieren, und das beste Mittel ist, eine Person mit sehr guten Wahlchancen zu nominieren», erklärt sie. Und das sei in der Regel gegeben, wenn jemand vorher im Regierungsrat sass oder sonst sehr bekannt sei.
Der Blick in die Kantone zeigt nicht nur mögliche Sitzverluste für Frauen, sondern auch mögliche Gewinne. Beispielsweise in den Kantonen Schwyz, Bern und Zürich. Dort treten Alex Kuprecht (SVP), Hans Stöckli (SP) und Ruedi Noser (FDP) nicht mehr an. In allen Kantonen stehen aussichtsreiche Frauenkandidaturen bereit; mit Petra Gössi (FDP), Flavia Wasserfallen (SP) und Regine Sauter (FDP).
Auch in den Kantonen Aargau und Solothurn wollen Frauen die abtretenden Männer Hansjörg Knecht (SVP) und Roberto Zanetti (SP) ersetzen. So stehen Marianne Binder (Mitte) und Franziska Roth (SP) bereit. Die aussichtsreichsten Kandidaten für die Stöckli-Nachfolge dürften aber Männer sein: Benjamin Giezendanner (SVP) und Regierungsrat Remo Ankli (FDP).
Wohl keine grosse Änderung bei Frauenanteil
Fazit: Im schlechtesten Fall haben die Frauen noch zehn Sitze nach den Wahlen, im besten Fall 18 Sitze. Und was ist am wahrscheinlichsten? Das sei schwierig abzuschätzen, da es in vielen Kantonen zweite Wahlgänge geben werde, sagt die Politologin. «Man kann aber schon davon ausgehen, dass sich nicht extrem viel verändert zum Status quo, also mit 10 bis 14 Frauen ist zu rechnen.»
Der Frauenanteil im Ständerat dürfte sich also bei den nächsten Wahlen nicht gross verändern und die Frauen damit im Stöckli in der Minderheit bleiben.