Freien Zugang ins politische Machzentrum der Schweiz? Kein Problem, wenn man einen Badge besitzt. Zwei Badges können Nationalräte und Ständerätinnen frei vergeben. Zutrittsberechtigte dürfen ins Bundeshaus, in die Wandelhalle – und sind in einem öffentlichen Register eingetragen.
Wer hat einen Bundeshaus-Badge?
Ein Blick auf die Liste zeigt, welchen Menschen, Verbänden und Organisationen Politikerinnen und Politiker wohl besonders nahe stehen: Das können etwa persönliche Mitarbeitende sein oder Familienmitglieder.
So gewährt beispielsweise der Berner SVP-Nationalrat Andreas Aebi seiner Frau Thea Aebi-Keller freien Zutritt ins Bundeshaus. Doch im Register stehen auch zahlreiche Namen von Interessensvertreterinnen und -vertretern.
SP-Nationalrätin Jacqueline Badran vergibt ihre zwei Badges an den Vorstand der Wohnbaugenossenschaften Schweiz und an den Vize-Präsidenten der Zürcher Kantonalbank. Auch Mitglieder der Bank Julius Bär, des Verbands Schweizerischer Kantonalbanken sowie der Vereinigung Schweizerischer Privatbankiers besitzen derzeit Bundeshaus-Badges.
Weitere Beispiele: Bastien Girod von den Grünen überlässt seine Badges der Abfallbranche und der Umweltorganisation WWF. Mitte-Nationalrat und Braumeister Alois Gmür lässt den Schweizer Brauerei-Verband und GastroSuisse rein. Auf der Gästeliste von SVP-Verkehrspolitiker und Töfffahrer Walter Wobmann stehen «Auto-schweiz» und «Strasseschweiz». Bei Feministin und SP-Nationalrätin Tamara Funiciello sind es die Lesbenorganisation Schweiz und die Fachstelle Migration der Reformierten Kirchen Bern-Jura-Solothurn. Häufig vertreten auf der Badgeliste sind etwa auch Consultingfirmen und deren Mitarbeitende.
Ein System mit Schwächen
Das System ist etabliert, das Register seit 2012 öffentlich einsehbar. Doch es offenbart auch Schwächen. So stiess beispielsweise die Organisation Lobbywatch schon auf fehlerhafte Namen und veraltete Einträge. Es kam sogar vor, dass ein Lobbyist gleich zwei Zutrittsbadges von verschiedenen Politikern erhielt.
In der Summe führt das Badge-System zu einer ziemlich willkürlichen Interessensvertretung.
«In der Summe führt das Badge-System zu einer ziemlich willkürlichen Interessensvertretung im Bundeshaus», hält SRF-Bundeshausredaktor Curdin Vincenz im SRF-Podcast «Lobbyland» fest. Das Götti-System gerät immer wieder mal in Kritik. «Viel besser wäre ein Akkreditierungssystem nach objektiven Kriterien, das einen chancengleichen Zugang ins Bundeshaus gewährleisten würde,» findet Martin Hilti, Geschäftsführer von Transparency Schweiz.
Idee: Lobby-Fussabdruck
Auch Martin Schläpfer, der jahrelang für die Migros im Bundeshaus lobbyierte, spricht sich für ein Akkreditierungssystem aus, wie es auch für Journalistinnen und Journalisten gilt. «Dabei müssten sich alle an die gleichen Standards des Hauses halten», so Schläpfer.
Martin Hilti schlägt als Alternative zum Badgesystem einen «Lobby-Fussabdruck» vor: «Die Öffentlichkeit würde so erfahren, wer wann bei wem und wie Einfluss nehmen wollte – zumindest bei wesentlichen Einflussnahmen. Man müsste diese dokumentieren und veröffentlichen.»
Einen «Lobby-Fussabdruck» plant bereits die deutsche Regierung, allerdings ist er noch nicht umgesetzt.