Elf Tage vor den nationalen Wahlen verfestigen sich die bisherigen Trends: Die Grünen verlieren noch deutlicher, und die SVP legt noch stärker zu. Insbesondere gewinnt die SP im letzten SRG-Wahlbarometer zum ersten Mal statistisch signifikant. Der Gewinn der SP liegt also über dem Fehlerbereich der Umfrage von +/-1.2 Prozentpunkten.
Politische Blöcke bleiben stabil
Schaut man sich die Veränderungen in den politischen Blöcken über einen etwas längeren Zeitraum an, so stellt man fest: Die Zeichen bei den kommenden Wahlen stehen auf Stabilität: Die linken Parteien, die Mitte-Parteien und der FDP/SVP-Block werden voraussichtlich wieder etwa gleich stark sein wie bei den Wahlen 2011.
Zwar verlieren die Grünen mit einem Minus von 3.5 Prozentpunkten deutlich und könnten unter die psychologisch wichtige 10-Prozent-Marke fallen, womit auch die Forderungen nach einem Bundesratssitz Geschichte sein dürften. Trotzdem werden die Grünen aber wohl das zweitbeste Resultat in ihrer Geschichte erzielen.
Im linken Block fallen die deutlichen Verluste der Grünen etwas weniger ins Gewicht, weil die SP gemäss Wahlbarometer des Umfrageinstituts Sotomo 1.5 Prozentpunkte gewinnt. Ähnliche Verschiebungen gibt es im rechten Block: Zwar legt die SVP wohl deutlich zu, weil aber gleichzeitig die FDP ein Prozentpunkt verliert, fällt der Rechtsrutsch vergleichsweise klein aus.
Die Studie von Sotomo zeigt auch, dass es für die Befragten nicht nur ein einziges zentrales Thema gibt. Die Krankenkassenprämien, der Klimawandel und die Zuwanderung sind für den Wahlentscheid alle gleich wichtig. Alle politischen Blöcke haben also Themen, die in ihren jeweiligen Lagern mobilisieren.
Sitzzahl und nicht Wähleranteil ist entscheidend
Entscheidend ist am Schluss nicht der Wähleranteil, sondern die effektive Sitzzahl der Parteien im Parlament. Mit den Wahlen 2015 erreichten die FDP- und SVP-Fraktion im Nationalrat eine absolute Mehrheit von 101 Stimmen. Diese Mehrheit werden FDP und SVP zusammen kaum mehr erreichen.
Die Prognosen, wie sich die Wähleranteile auf die Sitzzahl auswirken werden, sind aber immer mit grossen Unsicherheiten behaftet. Es ist nur schwer abschätzbar, welche Parteien am Schluss dank Listenverbindungen noch Sitze gewinnen oder verlieren.
Offene Ausgangslage im Ständerat
Noch weniger Antworten liefert das Wahlbarometer zu möglichen parteipolitischen Verschiebungen im Ständerat: Die Wahlen ins Stöckli sind Kopf- und keine Themenwahlen und kantonal sehr unterschiedlich. Es dürfte zu vielen zweiten Wahlgängen mit offenem Ausgang kommen.
Erste Analysen deuten aber darauf hin, dass die FDP zur stärksten Kraft in der kleinen Kammer werden und es zu einem Rechtsrutsch kommen könnte. Allerdings dürfte auch der Rechtsrutsch im Ständerat nicht besonders deutlich ausfallen. Jedoch wird sich in der kleinen Kammer wohl ein Trend der letzten Wahlen fortsetzen: Insbesondere die SP dürfte weiter an Einfluss verlieren, die konservativeren Kräfte könnten weiter gewinnen.
Trotzdem kann schon jetzt festgestellt werden: Die Krisen und Kriege, nun auch noch die dramatischen Ereignisse in Israel, führen am 22. Oktober wohl kaum zu grossen Verschiebungen. Es zeichnet sich ein Mini-Rechtsrutsch ab, mit insgesamt ausgewogenen Verhältnissen in den politischen Blöcken. Die Wählerinnen und Wähler werden sich voraussichtlich für Stabilität entscheiden und gegen grosse Veränderungen.