Alain Berset (SP): Ein Abgang nach Mass
Im Sommer schickte der abtretende SP-Bundesrat ungewohnte Feriengrüsse: Spriessender Bart, Dächlikappe und ein verwegener Blick in die Palmenhaine. Ende September war es vorbei mit der Leichtigkeit: Der Gesundheitsminister verkündete einen Anstieg der Krankenkassenprämien, der der Schweizer Bevölkerung so richtig in die Glieder fuhr.
Droht der SP mit seinem Abgang ein Bedeutungsverlust in der Regierung? Ja, sagt Politologe Michael Hermann: Denn im bürgerlich dominierten Bundesrat sei die Partei auf einflussreiche Persönlichkeiten angewiesen. «Letztlich hängt es aber davon ab, wer auf ihn folgt: Ein Roger Nordmann etwa wäre vielleicht nicht ganz so populär, aber wahrscheinlich ähnlich einflussreich wie Berset.»
Elisabeth Baume-Schneider (SP): Sympathisch, aber…
Elisabeth Baume-Schneider sitzt seit Dezember 2022 im Bundesrat. Bislang kann die Justizministerin nicht in die grossen Fussstapfen ihres Parteikollegen Berset treten: Sympathisch, aber kaum Einfluss, lautet das Verdikt der Befragten. «Sie war weitgehend unbekannt und eher eine Hinterbänklerin, bevor sie in den Bundesrat gewählt wurde», sagt Hermann. «Man spürt jetzt auch, dass sie nicht so viel Gewicht in die Waage werfen kann.»
In der Öffentlichkeit tritt Baume-Schneider vor allem in Erscheinung, wenn es um das Reizthema Asyl und Migration geht. Nicht eben das Dossier, mit dem man am ehesten glänzen kann. Ihre Vorgängerin Karin Keller-Sutter kann davon ein Lied singen. Immerhin: Im Sympathie-Ranking hat es die Jurassierin bereits auf Rang 4 geschafft.
Viola Amherd (Mitte): Die Landesmutter aus dem Wallis
Das beliebteste Mitglied der Landesregierung bleibt Viola Amherd. «Sie nimmt als sympathische Landesmutter weiterhin die Spitzenposition ein», sagt Sarah Bütikofer vom Forschungsinstitut Sotomo. Mit dem Krieg in der Ukraine hat die Verteidigungsministerin zwar zwischenzeitlich an Sichtbarkeit gewonnen.
In der Bevölkerung bewegt sich ihr wahrgenommener Einfluss aber weiter im Mittelfeld. Sie wird von etwas mehr Personen als einflussreich denn einflusslos betrachtet. Sie steht aber doch deutlich hinter Albert Rösti und Karin Keller-Sutter, die künftig die Spitzenposition unter sich ausmachen dürften.
Ignazio Cassis (FDP): Verharren auf tiefem Niveau
Das Umfragetief von Ignazio Cassis hält weiter an: Ihm wird am zweitwenigsten Einfluss in der Regierung zugeschrieben; bei den Sympathiewerten rangiert er sogar auf dem letzten Platz. Der Aussenminister wird von ebenso vielen Befragten als sympathisch wie unsympathisch betrachtet.
Das Image des Tessiners in der Bevölkerung scheint zementiert: Seit Jahren werden ihm relativ wenig Einfluss und Sympathie zugeschrieben. An einen Stimmungsumschwung in der Bevölkerung glaubt Politologe Hermann nicht mehr: «Wenn überhaupt, kehrt sich das dann eher ins Negative und nicht ins Positive.»
Karin Keller-Sutter (FDP): Bald mächtigstes Bundesratsmitglied?
Karin Keller-Sutter konnte sich nach einem Tief während der Pandemie wieder deutlich steigern. Als Finanzministerin wird ihr am zweitmeisten Einfluss in der Regierung zugestanden – sie dürfte Alain Berset nach dessen Rücktritt an der Spitze ablösen. Die Übernahme der CS durch die UBS wirkte sich kurzzeitig noch verstärkend auf den wahrgenommenen Einfluss aus.
Ihre Sympathiewerte konnte «KKS» durch das politische Management der CS-Krise nicht ausbauen. «Das Thema ist kontrovers. Viele nerven sich, dass der Staat hier überhaupt eine Rolle spielen musste», sagt Hermann. «Und sie ist vielleicht auch nicht ein Alain Berset. Er musste mit der Pandemie auch eine schwierige Krise meistern – kommunizierte aber so, dass es bei den Leuten sehr gut ankam.»
Albert Rösti (SVP): Energischer Energieminister
Albert Rösti ist gleichzeitig wie Elisabeth Baume-Schneider in den Bundesrat gestartet. In der Wahrnehmung der Bevölkerung hat er aber bisher ungleich grössere Spuren hinterlassen. Er gilt bereits als drittmächtigste Figur im Bundesrat. Zugute kommt ihm dabei auch sein gewichtiges Departement – im Uvek werden unter anderem die Energiewende orchestriert und milliardenschwere Infrastrukturprojekte aufgegleist.
«Albert Rösti will handeln und etwas bewegen – und er war vorher schon eine starke Figur im Parlament», sagt Hermann. Zudem wolle er im Bundesrat nicht nur etwas bewegen, sondern könne das auch: Er kann sich nämlich auf die bürgerliche Mehrheit im Bundesrat stützen, zu der seine Vorgängerin Simonetta Sommaruga (SP) nicht immer durchdrang.
Guy Parmelin (SVP): Keine Trendwende in Sicht
Gekommen, um zu bleiben: In der «Samstagsrundschau» von Radio SRF erteilte Guy Parmelin Rücktrittsgerüchten zuletzt eine Absage. Er will im Dezember zur Wiederwahl antreten. Dem Wirtschaftsminister wird in der Bevölkerung weiterhin kein grosser Einfluss im Bundesrat zugeschrieben – er rangiert auf Platz 5.
«Bei Guy Parmelin gab es zwar in seinem Präsidialjahr 2021 eine kleine Trendwende», sagt Hermann. Nachhaltig war das aber nicht: Wie auch bei Ignazio Cassis hätten sich die Meinungen auch beim Waadtländer Bundesrat über die Jahre verfestigt.