Bundespräsident Alain Berset (SP) ist auch kurz vor seinem Rücktritt noch der Mächtigste im Bundesrat, Mitte-Verteidigungsministerin Viola Amherd ist die Sympathischste: Dieser Meinung sind die Wählenden auch im aktuellen Wahlbarometer, rund acht Wochen vor den eidgenössischen Wahlen. Am Gesamtbild hat sich im sogenannten Bundesratsranking, bei dem die Landesregierung nach Sympathie und Einfluss eingeschätzt wird, kaum etwas verändert. Was es braucht, um als mächtig oder sympathisch zu gelten, erklärt Politologe Michael Hermann im Interview.
SRF News: Innenminister Alain Berset gilt nicht nur als einflussreich, er ist nach wie vor auch sehr populär. Was bedeutet sein Rücktritt Ende Jahr für die SP?
Michael Hermann: In der Schweiz politisieren die Bundesrätinnen und Bundesräte relativ abgehoben von den Parteien. Typischerweise sind die Parteipräsidenten im Wahlkampf viel wichtiger für die Partei als die Bundesräte und Bundesrätinnen, die als Teil eines Kollegialgremiums regieren.
Hat Bersets Popularität nicht auch auf die SP abgefärbt?
Im Fall von Alain Berset ist es weniger die Popularität, die der Partei dienlich ist, als vielmehr die Tatsache, dass er als sehr einflussreich eingeschätzt wird.
Alain Berset hat es immer gut verstanden, als sehr getragene, starke Figur aufzutreten.
Der Partei hilft es am meisten, wenn sie Bundesrätinnen oder Bundesräte hat, die auch im Bundesratsgremium etwas durchsetzen können im Sinne der Partei. Gerade Alain Berset hat es immer gut verstanden, als sehr getragene, starke Figur aufzutreten, und er hat sehr gut kommuniziert.
Was macht denn einen Bundesrat oder eine Bundesrätin in den Augen der Wählerschaft sympathisch?
Das ist vor allem eine Frage der Kommunikation, und man muss das Vertrauen der Bevölkerung gewinnen. Es ist wichtig, als kompetent und souverän wahrgenommen zu werden. Wenn jemand im Amt überfordert wirkt – vielleicht ein bisschen wie Ignazio Cassis –, dann ist es schwierig, beim Sympathieranking ganz vorne zu stehen.
Die Bundesrätinnen und Bundesräte im Ranking
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Bild 1 von 7. VBS-Vorsteherin Viola Amherd (Mitte) – hier bei einem Besuch nach den Unwettern in La Chaux-de-Fonds – gilt nach wie vor als das sympathischste Mitglied der Landesregierung. Bildquelle: KEYSTONE POOL/Laurent Gillieron.
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Bild 2 von 7. Bundespräsident Alain Berset (SP) gilt als der mächtigste und nach Viola Amherd auch als der sympathischste Bundesrat. Hier liess er sich an der Street Parade in Zürich blicken. Bildquelle: KEYSTONE/Severin Bigler.
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Bild 3 von 7. Bei Elisabeth Baume-Schneider (SP) klaffen der wahrgenommene Einfluss und die Sympathie am meisten auseinander. Hier singen die Justizministerin und ihr Mann Pierre-André beim 118. Marché-Concours national de chevaux in Saignelégier die Rauracienne. Bildquelle: KEYSTONE/Laurent Gillieron.
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Bild 4 von 7. Verkehrsminister Albert Rösti (SVP) ist gut gestartet und hat in den Augen der Wählerschaft über die letzten Monate an Einfluss gewonnen. Hier posiert der Bundesrat an der Berner Frühlingsmesse BEA mit einem Fohlen. Bildquelle: KEYSTONE/Peter Klaunzer.
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Bild 5 von 7. Wirtschaftsminister Guy Parmelin (SVP) erlebte in seinem Präsidialjahr 2021 ein Hoch. Seither hat sein wahrgenommener Einfluss laut den Politologen wieder abgenommen. Das Bild zeigt ihn bei einem 1.-August-Brunch. Bildquelle: KEYSTONE/Anthony Anex.
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Bild 6 von 7. Finanzministerin Karin Keller-Sutter (FDP) gilt als sehr einflussreich, landet im Sympathie-Ranking aber nur auf dem fünften Platz. Bildquelle: KEYSTONE/Gian Ehrenzeller.
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Bild 7 von 7. Aussenminister Ignazio Cassis (FDP) – hier bei einem Essen am Rande es Weltwirtschaftsforums WEF in Davos – gilt weder als sehr einflussreich noch als sehr sympathisch. Bildquelle: KEYSTONE/Laurent Gillieron.
Justizministerin Baume-Schneider rangiert ganz unten auf der Einfluss-Skala. Wieso?
Elisabeth Baume-Schneider war eine Überraschungsbundesrätin und nicht schon vorher ein Schwergewicht in der Partei. Wer vorher schon dominant ist und eine zentrale Rolle hat, kann das auch ins Amt mitbringen. Baume-Schneider muss sich neu etablieren. Da sie auch vor ihrer Wahl nicht sehr einflussreich war, ist es nicht sehr erstaunlich, dass sie jetzt nicht die erste Geige spielt.
Verkehrsminister Albert Rösti ist schon in früheren Bundesratsrankings weiter oben eingestiegen. Beide sind Neuzugänge im Bundesrat. Was also hat Rösti, was Baume-Schneider nicht hat?
Albert Rösti war Parteipräsident und eine führende Figur in der Energiepolitik im Parlament. Er hat also da schon sehr viel Wissen und Kompetenz aufgebaut, Respekt gewonnen und Erfahrung gesammelt.
Für Baume-Schneider ist es schwieriger, ihr politisches Gewicht auf die Waage zu bringen.
Das hilft ihm jetzt in der Wahrnehmung, aber auch in der Umsetzung seiner Politik. Für Aussenseiterin Elisabeth Baume-Schneider ist es hingegen schwieriger, diese Politspiele mitzuspielen und ihr politisches Gewicht auf die Waage zu bringen.