Es war das grosse Versprechen der Bürgerlichen an die Frauen: Bei der Reform der 2. Säule werde man ihre Situation verbessern. Gemacht vor einem Jahr, als das Rentenalter der Frauen auf 65 angehoben wurde. Haben die Bürgerlichen ihr Versprechen eingelöst?
«Nein», sagte SP-Nationalrätin Tamara Funiciello am Freitag in der «Arena». «Die Frauen arbeiten jetzt länger. Sie zahlen aber mehr in die berufliche Vorsorge ein, als sie später dafür als Rente bekommen!» Das gelte für Frauen über 50 Jahren ab einem gewissen Einkommen. Fazit: Eine weitere Reform auf dem Buckel der Frauen – und das bürgerliche Versprechen; nichts als ein Scherbenhaufen.
«Das Versprechen wurde klar eingelöst», meinte hingegen Mitte-Ständerat Erich Ettlin. Funiciello zitiere lediglich Einzelfälle. «Grundsätzlich gilt: Man zahlt mehr in die Pensionskasse ein – und bekommt am Ende auch mehr Rente.» Ähnlich argumentierte FDP-Vizepräsident Andri Silberschmidt. Da auch die Arbeitgeber in die berufliche Vorsorge einzahlten, würden Arbeitnehmende am Ende sowieso immer mehr erhalten.
Die bürgerlichen Parteien betonten zudem unisono, dass mit der Reform Teilzeitarbeitende, Geringverdienende und dadurch eben gerade auch Frauen bessergestellt würden. Fazit: Die Reform als eine wichtige Modernisierung der beruflichen Vorsorge.
Linke und Gewerkschaften bekämpfen Reform mit dem Referendum
«Die Renten sinken und können den Leuten in diesem Land kaum noch den Lebensabend finanzieren», kritisierte derweil Grünen-Nationalrätin Natalie Imboden. Sie erinnerte daran, dass Arbeitgeberverband und Gewerkschaften ursprünglich einen Sozialpartner-Kompromiss zur Reform des BVG präsentiert hatten.
Die Renten sinken und können den Leuten in diesem Land kaum noch den Lebensabend finanzieren.
Dieser hätte grosszügigere Rentenzuschläge vorgesehen als die vom Parlament beschlossene Variante. «Aber die Bürgerlichen haben diese Lösung im Parlament einfach vom Tisch gewischt!» SP und Gewerkschaften haben deshalb das Referendum gegen die Reform ergriffen.
Ettlin hingegen lobte die Variante des Parlaments, in welcher nur eine gezielte Personengruppe mit verhältnismässig tiefen Einkommen Rentenzuschläge erhält. «Mit dem Sozialpartner-Kompromiss hätte auch ich einen Rentenzuschlag erhalten – das brauche ich nicht.» GLP-Vizepräsidentin Melanie Mettler betonte, dass man dem Reformstau in der Altersvorsorge ein Ende setzen müsse. «Die BVG-Reform ist ein absoluter Gamechanger für die Frauen.»
Bürgerliche und Linke auch in der ersten Säule entzweit
Reformprojekte gibt es auch für die 1. Säule der Altersvorsorge, die AHV. Weil den Rentnerinnen und Rentnern immer weniger Geld zum Leben bleibe, fordert der Gewerkschaftsbund mit einer Volksinitiative eine 13. AHV-Rente. Die zusätzlichen Kosten findet Funiciello gerechtfertigt: «Auch die Leute sind too big to fail – nicht nur die Banken!»
«Eine 13. AHV klingt sehr verlockend», erwiderte SVP-Nationalrätin Diana Gutjahr. Bis man sich überlege, wer dafür bezahle. «Die Linken denken immer nur ans Geldverteilen – nicht aber daran, wie das Geld überhaupt verdient wird!»
Früher hat man 13 Jahre lang Rente bezogen – heute sind es bereits 23.
Die FDP hingegen unterstützt eine Volksinitiative der Jungfreisinnigen, welche auf eine schrittweise Erhöhung des Rentenalters abzielt. Laut Silberschmidt ist dessen Kopplung an die gestiegene Lebenserwartung unabdingbar: «Früher hat man 13 Jahre lang Rente bezogen – heute sind es bereits 23.»
Imboden hingegen argumentierte, dass nicht alle die gleiche Lebenserwartung hätten: «Wer ein tiefes Einkommen oder einen harten Job hat, stirbt früher.» Eine generelle Rentenalter-Erhöhung sei deshalb ungerecht.
Sowohl die beiden AHV-Initiativen als auch die BVG-Reform kommen voraussichtlich nächsten Frühling zur Abstimmung. Das letzte Wort hat also – wie so oft – das Stimmvolk.