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Wahlkampf-Finanzierung im Fokus
Aus Echo der Zeit vom 20.09.2023. Bild: Keystone/Marcel Bieri
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Wahlkampf-Finanzierung Gefahr der Käuflichkeit: Firmen und Vereine sponsern Politiker

Interessengruppen zahlen Kandidierenden hohe Summen für den Wahlkampf. Und nehmen so gezielt Einfluss auf die Politik.

20'000 Franken. Diese Summe bezahlt die Raiffeisen Schweiz jedem Verwaltungsrat, der in den Nationalrat will.

Insgesamt erhalten vier Kandidierende ein Geldgeschenk: Sie alle stammen aus den Reihen der SVP, der FDP und der Mitte.

Grosszügig zeigt sich auch der Touring Club Schweiz (TCS): Zwischen 10'000 und 30'000 Franken fliessen je in die Wahlkampfkasse von vier Kandidierenden. Sie alle sitzen in einem TCS-Regionalvorstand. Und auch sie gehören alle bürgerlichen Parteien an, wie Recherchen von SRF Investigativ zeigen.

Auf dem Foto sind Buttons, Kugelschreiber, Stifte und Bonbons von verschiedenen Parteien zu sehen.
Legende: Für den teuren Wahlkampf sind Parteien und Kandidierende auf Geldspenden von Interessengruppen angewiesen. Keystone/Christian Beutler

Erstmals werden in einem Schweizer Wahljahr solche Grossspenden öffentlich – das neue Transparenzgesetz sieht vor, dass Spenden über 15'000 Franken deklariert werden müssen. «Dies ist ein grosser Schritt für die Schweiz», sagt Politologe Oliver Strijbis. Er befasst sich an der privaten Franklin University Switzerland in Lugano mit dem Einfluss von Geld auf Politik.

In Ländern wie Italien hätten wir den Reflex, dass es sich hier um Korruption handelt.
Autor: Oliver Strijbis Politologe Franklin University Switzerland

Die neuen Regeln rücken nun einzelne Grossspender ins Licht der Öffentlichkeit und die Wählenden erhalten in Einzelfällen Informationen darüber, welche Interessengruppen Einfluss zu nehmen versuchen. So wie im Falle von Raiffeisen und TCS.

Deren Spenden an einzelne Kandidierende sieht der Politologe als problematisch an: «Die Grenzen zu ziehen, wann Politikerinnen und Politiker käuflich werden, ist sehr schwierig.»

Die Transparenzregeln

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Im diesjährigen Wahlkampf müssen Parteien, Kandidierende und andere kampagnenführende Akteure ihre Budgets ab 50'000 Franken offenlegen.

Auch Grossspender mit Beträgen über 15'000 Franken müssen deklariert werden.

Im Ständerat gelten die Transparenzregeln für Kampagnen ab 50'000 Franken nur für jene, die am 22. Oktober die Wahl schaffen. Sie müssen danach eine Schlussabrechnung vorlegen.

Die Transparenzregeln gelten für die Wahlen zum ersten Mal. Budgets für den Wahlkampf sowie künftig auch für Kampagnen zu Abstimmungen müssen vor dem Urnengang gemeldet werden.

EFK schaut, dass alle sich an die Regeln halten

Die eidgenössische Finanzkontrolle EFK prüft, ob Parteien, Verbände, Politikerinnen und Politiker ihre Budgets wie vorgeschrieben vollständig und rechtzeitig offenlegen. In Stichproben überprüft sie ausserdem, ob die Angaben korrekt sind.

Verstösse gegen die Offenlegungspflicht muss die EFK den Strafverfolgungsbehörden melden. Fehlbare – ob Personen oder Organisationen – riskieren bis zu 40'000 Franken Busse.

Wer Wahlkämpfe unterstütze, wolle Einfluss ausüben, in diesem Falle über Spenden. Strijbis zieht einen Vergleich: «In Ländern wie Italien hätten wir den Reflex, dass es sich hier um Korruption handelt.»

Spende sei nicht mit Vorgaben verbunden

Diesen Vorwurf weisen Raiffeisen Schweiz und der TCS von sich.

«Es geht nicht darum, Abhängigkeiten zu schaffen, sondern vielmehr darum, unseren Draht ins Parlament zu pflegen, damit wir dort unsere Anliegen vorbringen können», sagt TCS-Sprecherin Vanessa Flack. Man betreibe Sachpolitik, denn der TCS unterstütze Kandidierende, die für den Verein tätig seien.

Das Engagement des TCS sieht Politologe Oliver Strijbis als etwas weniger problematisch an als die Spenden von Raiffeisen Schweiz: «Die Aktionärinnen und Kunden der Raiffeisen haben wohl nicht darüber entschieden, wo das Geld hingeht.» Beim TCS hingegen wisse man, dass dieser eine politische Agenda habe.

Auf dem Foto sind weisse Wahlzettel-Sets des Kantons Zürich zu sehen.
Legende: Wer spendet, der wolle Einfluss ausüben, sagt Politologe Oliver Strijbis. Keystone/Michael Buholzer

Die Bank schreibt: «Raiffeisen Schweiz erachtet Unterstützungsbeiträge in Höhe von 20'000 Franken an Mitglieder von unterschiedlichen Parteien, die von den Empfängerinnen und Empfängern transparent offengelegt und den Wählerinnen und Wählern somit bekannt sind, aus demokratischer Sicht nicht als problematisch.»

Weiter sei die Unterstützung nicht an politisches Wohlwollen, ein Abstimmungsverhalten oder an eine bestimmte Parteizugehörigkeit geknüpft. Man spende jährlich 246'000 Franken an alle Parteien, die im National- und Ständerat vertreten seien.

Gesetz schützt anonyme Spenderinnen und Spender

Beschenkte Politikerinnen und Politiker sagen gegenüber SRF, sie seien auf das Geld angewiesen. Ein Wahlkampf sei teuer.

Der Berner SVP-Nationalrat Lars Guggisberg erhält von Raiffeisen und TCS zusammen 50'000 Franken – gut die Hälfte seines Budgets. Er betont, er sei dennoch unabhängig: «Meine Meinungen und Werte sind entscheidend für die Unterstützung, nicht umgekehrt.» So habe er beispielsweise gegen das Klimagesetz gestimmt, obwohl der TCS es befürwortet habe.

So viel Geld fliesst in den Wahlkampf

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Parteien, Stiftungen, Spenderinnen und Sponsoren machen zusammen rund 51 Millionen Franken locker, damit ihr Wunschkandidat oder ihre Wunschkandidatin einen Sitz im Parlament holt.

Zum allerersten Mal sind Geldgeber und Kandidierende verpflichtet, ihre Budgets offenzulegen, so will es das neue Transparenzgesetz. SRF Data hat die bei der eidgenössischen Finanzkontrolle deklarierten Zahlen analysiert.

Viel Geld für wenige Kandidierende

Die Parteien SVP und FDP haben mit rund 11 und 12 Millionen Franken die grössten Budgets deklariert – die SP kommt auf etwas mehr als die Hälfte und die Grünen auf rund 3.5 Millionen.

Ein Blick lohnt sich auch auf die Summen, die die Kandidierenden für ihren Wahlkampf aufwerfen: Von fast 6000 Kandidatinnen und Kandidaten haben 95 eine Einzelkampagne mit einem Wahlkampfbudget von über 50'000 Franken deklariert. Zusammen geben alleine diese Kandidierenden über 9 Millionen Franken aus, um einen Sitz im Nationalrat zu ergattern.

Eine weitere Beschenkte ist die Mitte-Politikerin Elisabeth Schneider-Schneiter aus Baselland. Als Verwaltungsratspräsidentin der Raiffeisen Basel erhält sie 20'000 Franken. Weitere 120'000 fliessen ihr aus dem «Verein für lösungsorientierte Politik» zu. Diesen Verein hat sie selber gegründet. Auch mit dem neuen Transparenzgesetz bleiben die Spender im Dunkeln. «Ich halte mich an die Gesetze und die Transparenzvorschriften. Es ist alles korrekt.»

Politologe Oliver Strijbis sieht hier ein Schlupfloch im Transparenzgesetz. Solche Vereine würden oftmals gegründet, damit Spender anonym bleiben können. Wählende können also Geldflüsse nicht nachverfolgen: «Dabei sollte die Transparenz ein Gefühl bei den Wählenden schaffen, woher auf Kandidierende Einfluss zu nehmen versucht wird.»

Bei Raiffeisen und TCS sind die Präferenzen nun klar und transparent. Andere Geldgeber und ihr Einfluss auf die Politik – vielleicht auch im Spektrum links der Mitte – bleiben im Dunkeln. Gut geschützt durch das Transparenzgesetz.

Alles zu den Wahlen 2023

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Aktuelle Informationen und Hintergründe zu den Nationalrats- und Ständeratswahlen am 22. Oktober 2023 finden Sie unter Schweizer Wahlen 2023.

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Echo der Zeit, 20.9.2023, 18:00 Uhr

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