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Das «Wasserschloss Europas» sucht nach Trinkwasser
Aus 10 vor 10 vom 31.07.2020.
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Wasserknappheit in der Schweiz Das Wasserschloss Europas leidet unter Trinkwasserengpässen

Klimawandel und Übernutzung setzt auch die Wasserversorgung der Schweiz unter Druck. Betroffene Regionen werden nun tätig.

Nicht nur der Hitzesommer 2018 bescherte Apfelbauer Reto Leugger aus Güttingen im Kanton Thurgau Kopfzerbrechen und Ertragseinbussen. Auch Anfang dieses Jahres musste er früher als sonst – nämlich schon im April – zusätzlich bewässern. Eine neue Tröpfchenbewässerungs-Anlage gerade für die jungen Apfelbäume wurde notwendig. Die Schläuche sollen nun helfen, den Wasserverbrauch einzudämmen.

«Wir können damit 50 bis 60 Prozent problemlos einsparen», erklärt der Landwirt. Es sei ein Vorteil für seinen Betrieb, dass die Anlage fix installiert sei. So müsse er mit der Bewässerung nicht warten, bis es schon trocken sei. «Dadurch haben wir einen ausgeglichenen Wasserhaushalt und wir müssen keine Notfallübungen machen, die zu spät einsetzen.»

Landwirt hofft auf zusätzliche Wasserleitung

Doch bei langen Trockenphasen kommt Leugger auch damit an seine Grenzen. Denn wenn die Kapazitäten des nahegelegenen Seewasserwerks erschöpft sind, gibt es auch keine Bewässerung mehr für seine Apfelbäume. Deshalb hofft der Apfelbauer nun auf Pläne des Wasserversorgers, der eine zusätzliche Leitung vom Bodensee aus für die Landwirte zur Verfügung stellen will.

Eine Frau sitzt mit ihren Kindern auf einem Steg am Bodensee.
Legende: Im trockenen Sommer 2018 war der Pegelstand des Bodensees besonders tief. Keystone

Schliesslich liegt der Bodensee so nah. Er versorgt mittlerweile rund vier Millionen Menschen mit Wasser. Doch immer häufiger zeigt sich, dass das Seewasserwerk für die Region Amriswil nicht mehr genügend Wasser aufbereiten kann. Ein Ausbau und neue, grössere Leitungen aus dem See sollen deshalb Abhilfe schaffen, wie Urban Kronenberg, Vorsitzender der Geschäftsleitung von Regio Energie Amriswil erklärt.

Die Landwirtschaft brauche stetig mehr Wasser: Und die alten, stark mit Muscheln bewachsenen Rohre des Seewasserwerks könnten nicht mehr genug fördern, sagt Kronenberg. Rund 21 Millionen Franken soll der Ausbau des Seewasserwerks kosten. Die Idee dabei: Die alten Leitungen sollen später als eigene Wasserversorgung für die Landwirte dienen.

«Dieses Wasser müsste dann nicht bis zur Trinkwasserqualität aufbereitet werden, was wesentlich günstiger wäre», meint der Wasserversorger. Eine Subvention der Landwirtschaft sieht Kronenberg dabei nicht, schliesslich müssten auch die Landwirte die Gestehungskosten zahlen.

In der Schweiz gibt es grundsätzlich genügend Wasser – aber die Verteilung des Trinkwassers ist nicht überall gleich gut.

Karte Grundwasservorkommen Schweiz
Legende: SRF/Quelle: drought.ch

Besonders gefährdet sind Regionen, die keinen Zugang zu Schmelzwasser aus dem Hochgebirge haben.

Deshalb kämpft auch die Region Sursee im Kanton Luzern bisweilen mit Wasserknappheit. 2018 musste die Gemeinde ihre Bürger wegen des zu niedrigen Grundwasserspiegels sogar per Flyer zum Wassersparen aufrufen.

Wenn das Schmelzwasser fehlt

«Wir hatten über mehrere Monate sehr wenig Niederschläge und der Grundwasserspiegel ging konstant runter», erinnert sich Sacha Heller von Aquaregio, einem neu gebildeten Zusammenschluss von acht Gemeinden in der Region, die Engpässe in der Trinkwasserversorgung in Zukunft verhindern wollen. «Wir sind in der Region auf Regen angewiesen. Der Grundwasserspiegel war damals so tief, dass die Pumpen ihre Leistung runterfahren mussten, und trotzdem ist es ganz knapp geworden.»

Anders als die Gebirgsregionen der Schweiz ist Sursee abhängig von Niederschlägen. Aus dem angrenzenden Sempachersee darf nur ein geringer Teil Wasser pro Jahr entnommen werden, weil er sich nur langsam wieder auffüllt.

Rund 43 Millionen Franken auf zehn Jahre verteilt soll das neue Leitungsnetz kosten. Zusätzlich soll eine neue Wasserleitung durch den See die Region mit dem Grundwasserstrom der Reuss verbinden – dem viertgrössten Fluss der Schweiz, der im Gotthardmassiv entspringt. Damit seien Engpässe erst einmal abgewendet, ist sich Sacha Heller sicher.

Doch man müsse jetzt für die Zukunft vorsorgen – denn mit Klimawandel und Bevölkerungsdruck muss selbst das Wasserschloss Europas in Zukunft so effizient und sparsam wie möglich mit «dem blauen Gold» haushalten.

10vor10, 31.7.2020

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