Direkte Konsequenzen haben die italienischen Massnahmen auf die Schweiz, konkret das Tessin. Die Menschen in Chiasso sind verunsichert, was die italienischen Massnahmen für ihren Alltag bedeuten. Sie sind es gewohnt zu Fuss über die Grenze zu gehen. Ein Mann auf der Schweizer Seite fragt mit Blick auf Italien: «Kann ich noch weiter gehen? Ich will nachsehen, ob ich noch über die Grenze gehen könnte.»
Ja, man kommt auch zu Fuss problemlos über die Grenze, in beide Richtungen. Das sei gut, sagt eine ältere Schweizerin: «Ich muss in die Pasticceria drüben in Italien. Aber meine Tochter hat gesagt, ich solle nicht gehen, sonst werde ich noch in Italien blockiert bleiben.»
Hoffen wir das Beste. Ich bin ja schon vieles gewohnt von der italienischen Regierung, bleiben wir positiv.
Besonders verunsichert sind die vielen Grenzgänger, die jeden Tag über die Grenze kommen, um im Tessin zu arbeiten, auch am Sonntag. Ein Drittel des Personals im Tessiner Gesundheitssektor kommt aus Italien. In der Hotellerie und auch im Gastgewerbe arbeiten Tausende von Grenzgänger und Grenzgängerinnen.
Eine von Ihnen ist Alessandra Maskolo. «Das ist alles total verrückt», sagt sie. «Ich habe mit Grenzkontrollen gerechnet, jetzt kam ich einfach so in die Schweiz rein. Diese Arbeit hier ist meine Lebensgrundlage. Hoffen wir das Beste, ich bin ja schon vieles gewohnt von der italienischen Regierung, bleiben wir positiv. Das wird schon alles schiefgehen.»
Tessiner Wirtschaft kann aufatmen
Am frühen Abend kam dann Klarheit in die Sache: Der Bund hat informiert, dass die Grenze zu Italien für Grenzgänger offenbleibt. Diese müssten aber einen Ausweis dabei haben, der dokumentiert, dass sie im Tessin arbeiten. Für alle anderen Reisegründe gibt es strenge Einschränkungen, für den Warenverkehr bleibt die Grenze offen.
Die Verantwortlichen der Tessiner Gesundheitssysteme und der Tessiner Wirtschaft können also aufatmen. «Deshalb ist die Situation vorläufig unter Kontrolle», sagt der Direktor der Tessiner Handelskammer, Luca Albertoni.
Italien macht für die Grenzgänger, die ja auch für Italiens Wirtschaft sehr wichtig sind, die Grenzen zur Schweiz also nicht dicht. Ganz anders sieht es aber für die Züge aus. Die Centovalli-Linie von Domodossola nach Locarno zumindest ist seit heute eingestellt. Die SBB-Züge fahren dagegen weiterhin nach Italien.
Echo der Zeit, 8.3.2020, 18:00 Uhr; hesa