Noch nie in ihrer Geschichte ist die Notschlafstelle Pfuusbus in Zürich so stark ausgelastet gewesen wie letzten Winter. Das zeigen die neusten Zahlen der Sozialwerke Pfarrer Sieber. Demnach wurden zwischen Mitte November und Mitte April fast 6500 Übernachtungen gezählt. Das sind deutlich mehr als noch im Winter zuvor. Auch die Zahl der Obdachlosen, die in der Notschlafstelle auf dem Albisgüetli Zuflucht gesucht haben, ist gestiegen.
Nicht nur im Pfuusbus sind die Übernachtungszahlen gestiegen, auch in der Einrichtung Iglu in Zürich-Seebach. In der Notschlafstelle, in der sich vor allem obdachlose Wanderarbeiter aufhalten, haben gut 3900 Menschen ein Dach über dem Kopf erhalten.
Die hohen Übernachtungszahlen hatten diesen Winter einschneidende Konsequenzen. Zum ersten Mal in der Geschichte mussten im Pfuusbus sogar Leute abgewiesen werden, sagt Walter von Arburg von den Sozialwerken Pfarrer Sieber.
«Wir haben 36 Bettenplätze – und wenn noch mehr Leute kommen, legen wir Matratzen zwischen die Bettgestelle», so von Arburg. Bei 50 Plätzen habe man aber eine Grenze erreicht, die vom Raumbedarf wie auch von den Betreuungsmöglichkeiten nicht überschritten werden könne.
Drogenkonsum und Wohnungsnot
Über die Ursachen für die deutliche Zunahme der Übernachtungen im Pfuusbus können derzeit nur Vermutungen angestellt werden. Walter von Arburg von den Sozialwerken Pfarrer Sieber sagt jedoch: «Wir haben sehr viele Menschen mit Suchterkrankungen und psychischen Erkrankungen.» Wieso vor allem diese beiden Gruppen im Pfuusbus Zuflucht suchen, kann von Arburg noch nicht sagen.
Indizien würden jedoch darauf hindeuten, dass sich die Drogenszene in Zürich in den vergangenen Monaten erheblich verändert hat, heisst es in der Mitteilung der Sozialwerke Pfarrer Sieber. So werde etwa beobachtet, dass Konsumenten, die früher Kokain gespritzt hätten, nun Crack rauchten. Dies habe unter anderem eine stärkere Abhängigkeit und eine beschleunigte soziale Desintegration zur Folge.
Dass vermehrt psychisch Erkrankte im Pfuusbus Schutz suchen, könnte gemäss Stiftung mit der Überlastung der Psychiatrie seit dem Ende der Corona-Pandemie zusammenhängen. Und auch die angespannte Lage auf dem Wohnungsmarkt habe vermutlich zur erhöhten Nachfrage nach Notschlafplätzen beigetragen.
Sogar Menschen, die einer bezahlten Arbeit nachgehen, hätten teilweise ihre Wohnungen verloren und seien von überforderten Wohngemeinden an den Pfuusbus verwiesen worden.
Die Sozialwerke Pfarrer Sieber wollen die Entwicklung nun genau beobachten und analysieren. Denn gerade die hohe Zahl der psychisch Kranken ist eine Herausforderung. Die Sozialwerke wollen darum auch andere Möglichkeiten prüfen und Plätze suchen, wo diese Menschen besser aufgehoben wären.